Wieder einmal ist es unser altbekannter Erzfeind, der versucht, uns einen Strich durch die Rechnung zu machen: das Wasser. Wir haben ihm schon mehrmals Beiträge gewidmet, unter anderem, um über Abdichtungsmaßnahmen in anhydritführendem Gebirge aufzuklären, oder um einen Blick auf Wasserhaltungsmethoden von der Bronzezeit bis in die Gegenwart zu werfen. Heute widmen wir uns einer aktuellen Innovation der Injektionstechnik, nämlich den Hybridinjektionen. Diese kombinieren die Vorteile zweier altbekannter Injektionsmethoden, um wirkungsvoll Wasserzutritte zu bekämpfen. Um Miley Cyrus zu zitieren (wer hätte gedacht, dass es jemals dazu kommt): „You get the best of both worlds!“
Wer versucht, Klüfte zu verfüllen, hat mit zutretendem Wasser so seine liebe Not, weiß Andreas Heizmann, Geschäftsführer der Renesco GmbH – Abteilung Marti Geotechnik. Wurde eine reine Zementsuspension verwendet, wird sie ganz einfach von fließendem Wasser ausgewaschen. Eine Abdichtung mit Polyurethanharz geht dafür ganz schön aufs Geldbörserl. Aus diesem Grund wurde von Renesco ein neues Verfahren entwickelt, mit dem sich ganz nach Bedarf Zementsuspensionen mit Polyurethanharz (PU)-Injektionen verbinden lassen. Wassereintritte lassen sich so effektiv und wirtschaftlich stoppen.
Das Problem
„In der Regel musste man sich bisher vor Beginn des Injektionsvorgangs entscheiden, mit welchem Injektionsmittel gearbeitet wird“, erklärt Heizmann. Je nachdem, auf welche Verhältnisse man dann trifft, kann es zweierlei Probleme geben:
- Hat man PU-Material mit einer schnellen Reaktionszeit gewählt und trifft dann doch nur auf kleinere Klüfte und schwach eindringendes Wasser, kann das Injektionsgut nicht in die Klüfte eindringen. „Es wird dann im Wesentlichen nur das Bohrloch verfüllt“, so Heizmann.
- Oder aber, man entscheidet sich für eine reine Zementsuspension oder ein PU-Material mit langsamer Reaktionszeit, trifft dann aber auf größere Klüfte mit stark strömendem Wasser. In diesem Fall wird das Material einfach ausgespült.
Die Lösung
In einem neuartigen Verfahren lassen sich aber nun beide Injektionsmittel vermischen und ihre Eigenschaften während des laufenden Prozesses anpassen. In zwei separaten Mischvorgängen werden zunächst die beiden PU-Komponenten vermischt, anschließend erfolgt die Vermischung von PU mit Zementsuspension. Die Eigenschaften der Mischung variieren flexibel von „sehr flüssig“ bis zu „sehr steif“. Die Entscheidung muss somit nicht mehr vorab gefällt werden.
In der Praxis läuft das Ganze wie folgt ab: „Durch den Start mit reiner Zementsuspension schauen wir zunächst, ob nur kleinere Klüfte anstehen“, erläutert Heizmann. „Kommt es bereits mit diesem Injektionsmittel zu einem Druckanstieg, würde eine Zugabe von PU sofort zu einer Blockade und einem Abbruch des Injektionsvorgangs führen. Es käme damit zu keinem Eindringen des Injektionsgutes in die Umgebung des Bohrlochs. Auf die Zugabe von PU wird daher in diesem Fall verzichtet. Kommt es bei der Injektion mit reiner Zementsuspension jedoch zu keinem Druckanstieg, wird die Zugabe des PU Materials gestartet, bis ein Druckaufbau festzustellen ist. Aufgabe ist es in Zusammenarbeit mit dem Planer, die zutreffenden Mengenvorgaben festzulegen, um die gewünschte Ausbreitung des Injektionsgutes zu erzielen. Wird die Zugabe zu schnell gesteigert, kann es passieren, dass die Ausbreitung zu früh zum Stehen kommt.“ Austritte des Injektionsgutes lassen sich durch eine kurzzeitige, starke Erhöhung des PU-Harzes stoppen, sodass der Injektionsvorgang ohne Unterbrechung möglich ist.
Wer wissen will, wie der Vorgang tatsächlich aussieht, klickt am besten hier für ein kurzes, erklärendes Video.
Die Zugabe des PU-Harzes kann (muss aber nicht) automatisch erfolgen. Dafür wird ein „Grenzdurchfluss“ der Zementsuspension definiert, und bei höherem Durchfluss wird automatisch PU zugeführt. Bei geringerem Durchfluss wird die Zugabe von PU automatisch gestoppt, um unter dem vom Planer vorgegebenen Grenzdruck zu bleiben. Der Durchfluss der beiden PU-Komponenten wird dabei getrennt gemessen, um die korrekte Mischung im Verhältnis 1:1 zu überwachen. Bei einer Abweichung von diesem Verhältnis wird der Pumpenfahrer alarmiert.
Spaß an der Arbeit
Die Idee zu dem Verfahren ist nicht ganz neu, so Heizmann, aber die Maschinen- und Steuerungstechnik, über die die Zugabe exakt eingestellt und alle wesentlichen Werte des Injektionsvorganges aufgezeichnet werden können. Analysiert und ausgewertet werden die Injektionen dann in eguana SCALES.
„Die ersten Erfahrungen sind sehr gut“, freut sich Heizmann über den Erfolg der Hybridinjektionen. „Es macht gerade den Geräteführern Spaß, wie sie die Injektion durch die Zugabe von PU steuern können. Musste früher bei einem Austritt von Injektionsgut der Injektionsvorgang abgebrochen werden, wird jetzt vorübergehend die Zugabe von PU erhöht. In der Regel kommt der Austritt schnell zum Stillstand. Die Zugabe an PU wird dann wieder auf den vorherigen Wert reduziert und der Injektionsvorgang fortgesetzt.“
Durch den gesteigerten Injektionserfolg und die geringe Abbruchquote lassen sich die Kosten senken. Ein weiterer Punkt, so Heizmann, ist die Möglichkeit, bei Auslandsinjektionen lokalen Zement und importierten PU zu verwenden. Durch den Einsatz von lokalem Baustoff werden die Kosten gering gehalten. „Wir denken, dass es sich um das ideale Verfahren handelt, um größere Wasserwegigkeiten und stark durchlässige Bodenschichten abzudichten“, wirft Heizmann einen Blick in die Zukunft.
Um den Kreis zu schließen, enden wir mit einem motivierenden Zitat:
There’s always gonna be another mountain, you’ll always wanna make it move – Miley Cyrus, Bergbauexpertin (The Climb)
*****
Über Andreas Heizmann:
So wie das Wasser weite Wege zurücklegt, hat es auch Heizmann schon in die hintersten Winkel der Welt verschlagen. Beispielsweise, als seine Arbeit ihn für zwei Jahre nach Peru geführt hat, wo er in der Küstenwüste ein kleines Bewässerungsprojekt für Betroffene eines Staudamms geleitet und nebenbei in Dörfern von Hand Trinkwasser-Brunnen bis 30 Meter Tiefe gegraben hat (Aus diesem Kontakt sind bis heute schon über 25 Brunnen mit Wasserspeicher und -förderung in Peru entstanden: „Hier war das Wasser nicht unser Feind, sondern die Freude war groß, wenn wir es nach wochen- oder monatelanger Arbeit endlich gefunden hatten“).
Oder, als er 2006 in Vancouver als Projektleiter an der Gründung der Golden Ears Bridge mit Pfählen von 2,5 m Durchmesser und Längen bis 100 m im Fluss und an Land beteiligt war.
Der Bauingenieur begann seine Laufbahn mit einem Studium für Bauingenieurswesen an der Technischen Universität Karlsruhe, wo er sich für eine Vertiefung am Institut für Bodenmechanik und Felsmechanik entschied. Seit 2012 ist er als Geschäftsführer der Renesco GmbH, Abt. Marti Geotechnik, tätig.
Bildcredit: Renesco/Marti Geotechnik