Zu viel des Guten? Gibt es auch bei Injektionen. Wenn zu viel Material in einen Riss verpresst wird, kann der Spalt noch weiter aufreißen. Gemeinsam mit der TU Graz versuchen wir im Rahmen des Forschungsprojektes HYJACK herauszufinden, wann der Punkt erreicht ist, an dem man sagen sollte: Aus, Schluss, Basta.
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Einen Tunnel zu bauen klingt für den Laien recht einfach: Man nehme eine Schaufel und grabe ein Loch in einen Berg. So, wie die Gebrüder Dalton es in den Lucky Luke-Comics in regelmäßigen Abständen getan haben, um aus dem Gefängnis auszugraben. Naturgemäß gestaltet sich die Sache aber längst nicht so simpel, und wären die Daltons auf ihrer Flucht tatsächlich so vorgegangen, wäre der Tunnel über ihren Köpfen vermutlich zusammengebrochen und Morris und Goscinny hätten sich neue Gegenspieler für ihren Cowboy ausdenken müssen.
Damit der Berg beim Tunnelbau stabil bleibt, nicht einstürzt und kein Wasser zutreten kann (auch kein schönes Ende für die vier ungleichgroßen Brüder), greift man in der Realität also auf Injektionen zurück, mit denen die kleinen aufreißenden Stellen gefüllt werden.
Klingt noch immer zu einfach, um wahr zu sein?
Ist es auch. Denn wenn zu viel Material oder mit zu viel Druck verpresst wird, werden die Risse nicht gefüllt, sondern im Gegenteil noch weiter vergrößert. So werden mehr Ressourcen benötigt, die Injektionszeiten sind länger, als sie sein müssten, und die Bauarbeiten verzögern sich.
Wann aber ist der Punkt erreicht, an dem zu viel zu viel ist und man das Verpressen besser sein lassen sollte? Genau dieser Fragestellung gehen wir seit Juni 2020 gemeinsam mit der Technischen Universität (TU) Graz in einem Forschungsprojekt auf den Grund. Unser Bauingenieur und Entwickler Cesare Schwabl hat dafür der TU Graz im August einen Besuch abgestattet und sich einen Überblick über den Stand der Dinge verschafft.
Point of no return
„Wir wollen herausfinden, ob man an den Messdaten ablesen kann, wann der Punkt erreicht ist, an dem es genug ist und man am besten den Vorgang beenden sollte“, erklärt er. Das Thema beschäftigt uns schon einige Jahre, Ansätze dazu wurden bereits beim Nordic Grouting Symposium 2019 vorgesellt. Von Seite der TU wird das Projekt HYJACK von Projektleiter Scott Kieffer vom Institut für Angewandte Geowissenschaften sowie Versuchsleiter Manfred Blümel vom Institut für Felsmechanik und Tunnelbau begleitet.
„Für uns ist es wichtig, die Daten, die wir verarbeiten, auch im Detail zu kennen und vor allem auch zu verstehen“, betont eguana-Geschäftsführer Philipp Maroschek. „Deshalb untersuchen wir mit unseren Kunden, Partnern und Forschungseinrichtungen auch Bauprozesse. Dadurch kennen wir die Herausforderungen unserer Kunden besser und können ihnen dadurch besser helfen bzw. deren Herausforderungen gemeinsam mit ihnen meistern.“
Der Versuchsaufbau von HYJACK besteht vereinfacht gesagt aus einem Steinzylinder, der in zwei Teile geschnitten wurde. Die obere Hälfte wird mit Druck an die untere Hälfte gedrückt. Ein Hohlraum verläuft mittig durch die untere Hälfte und wird im Verlauf des Versuchs mit Wasser gefüllt. Wenn so genug Druck entsteht, hebt sich der obere Zylinder trotz Gegendruck leicht vom unteren ab. Mit einer Reihe von Sensoren wird dieser Zeitpunkt sowie der aufgebrachte Durchfluss und Druck genau dokumentiert und analysiert und gibt somit Aufschluss darüber, wann die Injektion abgebrochen werden sollte.
Nachhaltig besser
Die Versuchsreihe läuft noch bis Ende 2021 – bis dahin werden weitere Versuche durchgeführt und von uns Daten gesammelt und analysiert. Ziel unserer gemeinsamen Forschungsarbeit ist die Entwicklung eines Algorithmus, der das Aufreißen von Klüften bei Injektionsprozessen frühzeitig erkennt und steuernd eingreift, statt sie nur im Nachhinein zu korrigieren, wie es aktuell gehandhabt wird. So soll der Tiefbau in Zukunft qualitativ hochwertiger und die Ressourcen nachhaltiger eingesetzt werden.