Das tiefste Loch der Welt? Oder doch nur der Hanslsteig auf der hohen Wand?
Das tiefste Loch der Welt? Oder doch nur der Hanslsteig auf der hohen Wand?

Digging Deep 2 

Tiefer geht (n)immer

Alle stehen am Abgrund – außer Peter, der geht noch’n Meter. Okay, okay, der war tief – fast so tief wie das tiefste Hotel der Welt. Im heutigen Beitrag und dem zweiten Teil unserer ‘Digging Deep’-Serie widmen wir uns den tiefsten Strukturen der Welt.  

(Unser motivierter und begeisterungsfähiger Mechatroniker Peter geht übrigens tatsächlich immer einen Meter beziehungsweise die sprichwörtliche „extra mile“ weiter. Nicht nur, wenn er sich in Parcours versucht und nahe am Abgrund turnt, sondern auch in seiner täglichen Arbeit – Danke für deinen Einsatz, Peter!) 

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Disclaimer: Die fünf Strukturen, die wir euch heute präsentieren, sind unsere persönlichen Top 5 – wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, im Gegenteil: Wir freuen uns über eure eigenen Favoriten!

ein kleiner Spoiler (Credit: eguana / Stefaner)
ein kleiner Spoiler (Credit: eguana / Stefaner)

#1: Das tiefste Labor 

Mit einem Faible für alles Naturwissenschaftliche zieht es uns magnetisch hin zu Einrichtungen, in denen Forschung betrieben wird. So auch im Jinping Underground Laboratory in den gleichnamigen Bergen der chinesischen Provinz Sichuan, bekannt vor allem wegen dem Szechuanpfeffer, dessen prickelnder Geschmack ein Taubheitsgefühl von Lippen und Zunge auslöst.  

Das Laboratorium befindet sich 2400 Meter unter der Erde und ist somit die tiefste Forschungseinrichtung der Welt. Durch die Kilometer dicke Schutzschicht ist die kosmische Strahlung extrem gering und das Labor damit der ideale Ort für Forschung zur Neutrinophysik (eine Behauptung, die wir einfach einmal glauben). 

Blick in das tiefste Labor der Welt (Credit: 2015 Jinping Neutrino Experiment) http://jinping.hep.tsinghua.edu.cn/Pictures.php)
Credit: 2015 Jinping Neutrino Experiment  

#2: Der tiefste Keller 

Wer erinnert sich noch an das Gedankenspiel unserer Kindheit: “Was passiert, wenn man ein Loch quer durch die Erde gräbt? Landet man dann am Ende in Australien? Voll praktisch, wieso hat das eigentlich noch keiner gemacht?” 

Die Antwort: Weil man (wenn man von diversen anderen Schwierigkeiten absieht) nicht in Australien landen würde. Wieso das denn? Na, weil die Erde zu über 70 Prozent von Wasser bedeckt und die Wahrscheinlichkeit dementsprechend hoch ist, im Wasser zu landen.  

Wenn ich beispielsweise im Keller meiner Wohnung in Wien anfangen würde, senkrecht nach unten zu graben ... (Credit: antipodesmap.com)
Wenn ich beispielsweise im Keller meiner Wohnung in Wien anfangen würde, senkrecht nach unten zu graben … (Credit: antipodesmap.com) 
... würde ich am Ende ganz schön nass werden. (Credit: antipodesmap.com)
... würde ich am Ende ganz schön nass werden. (Credit: antipodesmap.com) 

Wenn man nach Australien möchte, muss man also irgendwo im Nordatlantik zu graben anfangen. Jippie.  

Wenn man den Spieß umdreht und stattdessen in Australien mit der Graberei beginnt, startet man (oder frau natürlich – wir wollen dieses Unterfangen niemandem vorenthalten!) am besten im Keller des Sydney Opera Houses. Der Wilson Parking’s Sydney Opera House Car Park erreicht nämlich eine beeindruckende Tiefe von 37 Metern und ist damit der tiefste Keller der Welt.  

Damit nicht genug, auch die Struktur an sich ist eine absolute Besonderheit, der Car Park ist nämlich in Form einer Doppelhelix angelegt, so wie die menschliche DNA. Zwei ineinander verschlungene Helices ermöglichen einerseits, die Anzahl der Notausgänge zu minimieren (gesetzlich vorgesehen ist, dass sich in einem Abstand von 60 Metern zu jedem Ort, an dem sich eine Person auf dem Parkplatz aufhält, ein Notausgang befinden muss). Auf der anderen Seite erlaubt es die Struktur, zwölf Stockwerke unterzubringen, obwohl man nur sechs Stockwerke in die Tiefe fahren muss (und anschließend sechs weitere entlang der zweiten Helix wieder hinauf – die Beschreibung genügt, dass uns schwindlig wird!). 

Eine clevere, stabile Struktur, abgeschaut vom größten Baumeister der Welt – der Natur. 

Das Sydney Opera House verfügt über den tiefsten Keller der Welt (Credit: stanbalik auf pixabay)
Credit: stanbalik auf pixabay

#3: Das tiefste Hotel 

Zwischen 400 und 638 Euro kostet eine Nacht im Deep Sleep Hotel in Wales. Wer in seinem Urlaub etwas Erholung erwartet, investiert sein Geld besser anders, denn die Nächtigung im tiefsten Hotel der Erde ist kein Wellnessaufenthalt. Im Gegenteil:  

Wer in die verlassene Schiefermine möchte, muss zunächst einen Gipfel im Eryri-Nationalpark erklimmen, um anschließend, ausgerüstet mit Helm, Stirnlampe und Klettergurt, 1.375 Fuß weit ins Innere des Berges vorzudringen. “Steil und herausfordernd” beschreiben die Betreiber den Weg, der über alte Bergmannstreppen, verfallene Brücken und Klettersteige führt. Vier kleine Holzhütten für jeweils bis zu zwei Personen und eine Grotte, mehr Schlafgelegenheiten umfasst das Deep Sleep, das sich nicht als Hotel, sondern als “abgelegenes Camp-Abenteuererlebnis“ versteht, nicht. 

Wie genau der Abstieg aussieht, wie die Minen trockengelegt wurden und alle weiteren Informationen gibt es auf der offiziellen Website.

Wer sich ein Bild vom Aufenthalt im Deep Sleep verschaffen möchte, findet hier eine Galerie. Das Hotel ist nämlich auch in Hinblick auf ihre Bildrechte unglaublich exklusiv – so exklusiv, dass wir ihre Fotos in unserem Blog nicht verwenden dürfen. Klickt euch stattdessen durch die Galerie – es lohnt sich!  

#4: Die tiefste Mine 

Bis 2023 war die TauTona Goldmine in Südafrika mit über 3.900 Metern Tiefe die tiefste Mine der Welt. Diesen Rang hat ihr aber mittlerweile ihre Nachbarmine Mponeng abspenstig gemacht. Diese dringt seit Kurzem volle vier Kilometer ins Erdinnere vor, abgebaut wird dort Gold.  

Die Goldreserven (die im Vergleich zu den Goldressourcen ‘leicht’ und rentabel abbaubar sind) betragen 1.9 Millionen Unzen, umgerechnet rund 53 Tonnen Gold (Für wen das nicht nach viel klingt: Bei einem aktuellen Goldpreis von ca. 60.000 Euro pro Kilobarren kommt man auf über 3 Milliarden Euro*). Die Anzahl der Jahre bis zum Ende der Mine, basierend auf dem aktuellen Minenplan, beträgt somit sieben Jahre.  

Goldbarren - vielleicht sogar aus der tiefsten Mine der Welt (Credit: Stevebidmead/pixabay)
Credit: Stevebidmead/pixabay

#5: Der tiefste menschgemachte Punkt der Welt 

Im Kalten Krieg wetteiferten die Sowjetunion und die USA um Rekorde, egal ob beim Sport oder in der Technologie. Die Vereinigten Staaten waren zuerst auf dem Mond – die Russen dafür zuerst in der Hölle.  

Es begann 1970 mit dem Startschuss zu einem Projekt, an dessen Ziel es stand, die bis dahin tiefste Bohrung der Welt, ein 9.583 Meter tiefes Bohrloch in Oklahoma, zu übertrumpfen. Nach dem Space Race also ein Wettlauf zum Mittelpunkt der Erde.  

Über das Ziel hinaus

Neun Jahre später war der Wunsch erreicht, das 200 Tonnen schwere Gestänge der Bohrmaschine hatte sich mit seinem 21 Zentimeter breiten Bohrkopf tief in das Gestein der russischen Halbinsel Kola eingegraben. Doch das war nicht genug, 15 Kilometer sollte das Loch in die Tiefe reichen.  

Das Vorankommen wurde schwerer, je tiefer sie kamen, denn auf 12.262 Meter (eine Tiefe, die die Sowjets 1989 erreichten) war es 80 Grad heißer als die prognostizierten 100 Grad Celsius. 

Schreie aus der Hölle 

Als mit einem ins Bohrloch hinabgelassenen Mikrofon Geräusche aufgenommen wurden, entstanden Gerüchte, es handle sich um die Schreie von Menschen und man habe die Hölle angebohrt.

Ein norwegischer, religionskritischer Lehrer machte sich aus der Geschichte einen Scherz und ließ eine ausgeschmückte Version der Geschichte, in der nach einer Explosion ein fledermausartiges Ungetüm aus dem Bohrloch kam, dem religiösen amerikanischen Trinity Broadcasting Network zukommen, von wo aus sich die Legende in den USA verbreitete.  

1992 fand das Projekt ein Ende, die Wissenschafter wurden abgezogen. Seit damals ist die Kola-Bohrung die tiefste (wenn auch nicht mehr die längste) Bohrung der Welt. Ein ziemlich beeindruckendes Ende unserer tiefsten Höhepunkte! 

Überreste der Bohrarbeiten (Credit: Andre Belozeroff / Wikimedia Commons) 
Überreste der Bohrarbeiten (Credit: Andre Belozeroff / Wikimedia Commons

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Damit haben wir das Ende unserer Top 5 der tiefsten menschgemachten Strukturen sowie unseres heutigen Blogbeitrags erreicht. In unserem nächsten Beitrag der Serie widmen wir uns der U-Bahn, über die es einige spannende Fakten zu berichten gibt!  

THE END 

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*Wir hoffen, die Rechnung stimmt! 

Veröffentlicht am
Kategorisiert in eguana.team

Von Anna Riedler

Als der Orientierungssinn vergeben wurde, hatte sich Anna gerade verlaufen. Umso besser, dass ihre Arbeit mit Baustellen nur peripher zu tun hat – sie würde vermutlich nie wieder zurück ins Büro finden. Stattdessen schreibt die studierte Journalistin fleißig Texte für unsere Homepage, unseren Blog, und literaturnobelpreisverdächtige Kurzbeschreibungen.