Man stelle sich vor, niemand auf der Baustelle spräche eine gemeinsame Sprache. Der deutschsprachige Bauleiter hat mit italienischen Polieren zusammen zu arbeiten, welche osteuropäische Bauarbeiter verschiedener Nationen mit unterschiedlichen Muttersprachen koordinieren. Während man sich auf Baustellen zumeist noch mit Englisch und wenn das fehlschlägt auch mit Händen und Füßen gestikulierend verständigen kann, funktioniert das in der digitalen Welt nicht. Hier gilt es, Klarheit im Vorhinein sicher zu stellen, denn maschinelle Unterstützung funktioniert am besten, wenn alle dieselbe Sprache sprechen.
Bau schlau
Hinter dem Konzept Open BIM steht die buildingSMART Cooperation. Diese non-profit-Organisation hat es sich zum Ziel gesetzt, Projektabwicklungen durch effizientere Informationsverarbeitung zu vereinfachen. Zu diesem Zweck bietet buildingSMART eine Datenbank, auf der sämtliche IFC-unterstützenden Programme zu finden sind, sowie eine Zertifizierungsmöglichkeit für Softwarehersteller.
Das Ganze dient als Unterstützung der bekannten Bauwerksdatenmodellierung BIM (Building Information Modelling). Das Ziel dahinter ist, dass sämtliche Daten und Informationen, die auf einer Baustelle eben anfallen, erfasst werden. Das Bauwerk ist im Endeffekt dann in all seinen Details und Facetten digital festgehalten, unter anderem auch in Form eines virtuellen Modells, das von allen Beteiligten eingesehen und kollaborativ bearbeitet werden kann. Wenn dann beispielsweise der Architekt Anpassungen am Grundriss vornimmt, verändern sich automatisch auch die zu verbrauchenden Mengen. Das erleichtert die Arbeit und spart Zeit, weil Änderungen nicht mit allen Parteien kommuniziert und selbsttätig ausgebessert werden müssen.
Warum? Wofür? Wozu?
BIM ist nach CAD (Computer Aided Design) die nächste Stufe in der Evolution der digitalen Planung. Dabei werden nicht nur alle relevanten geometrischen Informationen erfasst, sondern auch alle anderen Daten, die für die Bauausführung relevant sind. So kann zum Beispiel für eine Wand nicht nur die Lage bezüglich des Projektursprungs und deren Ausdehnung (Breite, Länge, Tiefe) wie im konventionellen CAD festgelegt werden. Darüber hinaus können auch von Kosten über Material bis hin zu Wärmedämmmaß alle statisch relevante Faktoren hinterlegt werden. Je nach Interesse des Ausführenden können alle nicht relevanten Informationen ausgeblendet werden und bei Bedarf wieder eingeblendet werden.
Die Vorteile von BIM sind vielfältig. Besonders interessant wird BIM jedoch erst, wenn wirklich alle Gewerke an einem BIM Model zusammenarbeiten und so frühzeitig Synergien aus dem digitalen Modell gewonnen werden können. Denn je früher Probleme in der Planung erkannt werden, umso besser kann noch reagiert werden. Gerade Bauteilkollisionen, Kostenprognosen, Materialaufwand und Bauablaufsplanung können mit BIM sehr gut frühzeitig abgebildet werden.
Um die gute Zusammenarbeit an dem gemeinsamen BIM Model gewerksübergreifend reibungslos zu bewerkstelligen, bedarf es jedoch zunächst einer gemeinsamen Sprache, die von allen Projektmitarbeiter gesprochen wird. Ohne eine einheitliche Schnittstelle, die quasi als Übersetzer fungiert, funktioniert das nur, wenn alle Beteiligten die Software desselben Herstellers oder eine offene, übergreifende Schnittstelle verwenden –etwas, das nicht immer möglich ist.
IFC – die Sprache, die alle sprechen
Aus diesem Grund wurden die IFC eingeführt. IFC steht für Industry Foundation Classes und bezeichnet einen Standard zur Weitergabe von Bauteilinformationen. Mithilfe dieser standardisierten Datenformate mit dem Kürzel .ifc soll die digitale Abbildung von Gebäudemodellen und der Datenaustausch vereinheitlicht werden. Die erste IFC Spezifikation wurde Dezember 1996 herausgegeben. Mittlerweile – und zahlreiche Versionen später – befindet sich die Version IFC4.2 in Bearbeitung.
Das System, das bereits seit einigen Jahren bei oberirdischen Bauarbeiten angewendet wird, fasst langsam auch im Tiefbau Fuß. Bei Ausschreibung und Vergabe öffentlicher Bauaufträge ist BIM nach einer Empfehlung der Europäischen Kommission ab 2020 verpflichtend. In Österreich ist man dafür mit den ÖNORMEN der Reihe A6241 gut gerüstet und europäischer Vorreiter in Sachen BIM.
Auf der Planungsseite ist die BIM-Bereitschaft bereits um einiges weiter vorangeschritten, als auf der Seite der Ausführenden. eguana leistet Hilfe, damit Ausführende gerüstet sind, ihre Herstellungsdaten entsprechend abzuliefern. Mit eguana SCALES können sämtliche Daten im gewünschten .ifc-Format exportiert werden. Die Philosophie, aus Daten mehr zu machen, greift auch hier. eguana sieht sich somit als Zahnrad, welches das große Getriebe BIM im Tief- und Tunnelbau am Laufen hält.
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Autor: Cesare Schwabl
Cesare ist unser Tiroler im Bundesland-Potpourri. Er studiert Bauingenieurwesen an der TU Wien, kann aber eigentlich alles. Von Design über Konzeptionierung und Zusammenbau von Hardware ist er universell einsetzbar – quasi unser Tiroler Taschenmesser. Charakteristisch für ihn ist das Streben nach dem Optimum; mit mittelmäßiger Ware (privat wie geschäftlich) gibt er sich sicher nicht zufrieden.
Bildcredit: Gino Crescoli auf Pixabay