Credit: J-YMA

J-YMA – Geotechnik gemeinsam gedacht

Noch einmal jung sein, das wäre doch was! Die Freiheit, die Unbekümmertheit, die Gesundheit, die Energie – und natürlich die Mitgliedschaft und Community der J-YMA, der Joint Young Members Austria. Andreas Granitzer, einer der Gründer der Plattform, hat sich mit uns über den geotechnischen Nachwuchs, “Türöffner”-Frauen, Green Washing und mehr unterhalten. 

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Ein Jahr ist es her, seit der Verband am 20.6.2022 gegründet und als fünfte Fachsektion in die ÖGG integriert wurde. Die J-YMA wollen mit einer Plattform, Vorträgen und Veranstaltungen den Austausch junger Ingenieur:innen, ihre Vernetzung und Entwicklung fördern. “Wir sind die erste Young-Members-Vertretung weltweit, die es zuwege gebracht hat, alle drei weltweit in Geotechnik & Tunnelbau führenden Verbände [Anm.: ISRM, ITA-AITES und ISSMGE] zusammenzuführen”, so Granitzer. Ziemlich beeindruckend – und mehr als genug Grund für uns, den Verband genauer anzuschauen! 

“Österreichische Ingenieur:innen haben in vielen Teildisziplinen der Geotechnik Pionierarbeit geleistet”, so Granitzer – von Leopold Müller, dem Begründer der Felsmechanik, über Karl von Terzaghi, Begründer der Bodenmechanik, hin zu Ladislaus von Rabcewicz, dem Begründer der Neuen Österreichischen Tunnelbaumethode (über die wir hier geschrieben haben). Außerdem “ist Österreich mit dem 15th International ISRM Kongress 2023 in Salzburg bzw. der 21st International Conference on Soil Mechanics and Geotechnical Engineering 2026 in Wien das Veranstaltungsland von zwei der wohl renommiertesten Kongresse weltweit, mit jeweils mehr als 1000 Teilnehmer:innen – der World Tunneling Congress (WTC) könnte in absehbarer Zeit ebenfalls folgen.”   

3G: Drei Themen im Fokus 

Was es im Land der Berge und Geotechnik-Pionier:innen braucht, ist der Nachwuchs. Und genau der steht im Zentrum der J-YMA, die es sich zum Ziel gesetzt haben, diesen auf einer Plattform besser zu vernetzen und zu unterstützen – und Themen aufzugreifen, die bisher zu kurz gekommen sind. “In der Geotechnik gibt es thematische Schwerpunkte, welche zwar unter den Nägeln brennen (sollten), oftmals aber noch nicht als solche erkannt worden sind”, weiß Granitzer. Ein solches Nischenthema ist zum Beispiel die Neurodiversität (bzw. die Inklusion und Unterstützung neurodiverser Personen in der Branche), die in internationalen Kreisen bereits aufgegriffen wurde, in Österreich aber eine weitgehende Unbekannte ist.   

Die drei wichtigsten Punkte, denen sich die J-YMA widmen, sind im Leitbild der J-YMA unter “3G” zusammengefasst: 

Green Engineering, Genderkompetenz und Generationendialog.  

Es wird grün … oder?  

Bild von der letztjährigen Exkursion zur A26 Donaubrücke in Linz (Credit: J-YMA)

Langsam, sehr langsam, wird die Baubranche grüner – oder tut zumindest so. Denn in vielen Fällen versteckt sich hinter Green Engineering leider auch “Green Washing”, moniert Granitzer, “schließlich sind ernstgemeinte Maßnahmen unweigerlich mit einem unliebsamen Verzicht verbunden. Überdies wird die Diskussion meist sehr reduziert geführt – z.B. nur zwei von drei Nachhaltigkeitssäulen beachtet”, die soziale Komponente (beispielsweise die oben erwähnte Neurodiversität) kommt neben der ökonomischen und ökologischen oft zu kurz.

“Durch unser Handeln im Rahmen der J-YMA wollen wir darauf aufmerksam machen, notwendige Bewusstseinsbildung vorantreiben und sensibilisieren, bei der Qualifizierung von Geotechniker:innen aller Altersgruppen mithelfen und nachhaltigkeitsrelevanten Aspekten eine Bühne geben – durch niederschwellig zugängliche Vorträge, Journal- und Blogbeiträge, Exkursionen, informelle Gespräche auf Augenhöhe bei Get-Togethers und internationale Kooperationen.” 

15.6., 17:00 J-YMA Guest Lecture 

Ein Beispiel für eine internationale Kooperation gibt es am 15. Juni um 17 Uhr, wenn Kolleg:innen der British Tunnelling Society Young Members über “Transferrable Lessons in Tunnelling. Trends and New Technologies for Smarter, Larger, Leaner and Greener Designs” referieren werden. Der Vortrag wird online abgehalten und ist kostenlos.  

Gerade internationale Vorträge sind online meist einfacher (Credit: J-YMA)

Gerade internationale Vorträge sind online meist einfacher (Credit: J-YMA)

Gräben in der Gesellschaft 

“Türöffner”-Frauen, was ist das? Weibliche Führungskräfte und Vorbilder, die den Weg bahnen für mehr Frauen in der (Geo-)Technik. Dass es diese braucht und dass es in puncto Gleichberechtigung in der Geotechnik noch Luft nach oben gibt, wisse man im J-YMA Steering Committee nur zu gut, seit ein paar davon Eltern geworden sind. “Dies bringt Eltern-Herausforderungen mit sich, welche genderabhängig in vielen Fällen noch immer unterschiedlich ausfallen bzw. bewertet werden können.“

Drei der acht Freund:innen (Credit: J-YMA)

Wie in den meisten technischen Berufen sind außerdem Geotechnikerinnen in der Unterzahl – sowohl, was den Geotechnik-Nachwuchs betrifft, aber auch, was Führungskräfte und Vorbilder betrifft. “Diese sind als „Türöffner“ äußert wichtig, schließlich gibt es ganz natürliche Bedürfnisse, welche einem Mann oft nicht bewusst sind. Dass mit Barbara Schneider-Muntau an der Uni Innsbruck seit Kurzem die erste weibliche Geotechnik-Professur besteht, spielt uns natürlich in die Karten”, freut sich Granitzer, der im Bereich Bauingenieurwissenschaften als Universitätsassistent an der TU Graz arbeitet.

“Barbara ist auch eine große Unterstützerin von den J-YMA, weshalb das 3. J-YMA Symposium 2024 an der Uni Innsbruck stattfinden wird. Ganz allgemein stellen die J-YMA insbesondere für junge Nachwuchsgeotechnikerinnen eine tolle Plattform dar, um niederschwellig und vorbehaltlos in einer geschützten Atmosphäre ein Netzwerk aufzubauen.”  

Credit: J-YMA

Ein Frauenanteil von in der Regel über 40 Prozent auf Events, mit Nina Obereder als Fachsektionsleiterin die erste Frau im ÖGG-Vorstand und einer Genderquote im Steering Committee von 3:5 – alles Schritte in die richtige Richtung, Themen aus dem Bereich LGBTIQ+ müssen vorerst allerdings noch auf Berücksichtigung warten.” 

Alter, echt jetzt? 

Ein Punkt, der den J-YMA besonders am Herzen liegt, ist der Generationendialog. Die Community ist klein, nach einigen Berufsjahren, so Granitzer, kenne man sich über die eigenen Organisationsgrenzen hinweg schon ziemlich gut. Dennoch gebe es eine “gewisse historisch gewachsene Inselbildung. Da gibt es die Montanist:innen, die Schubert-Absolvent:innen, die Wiener Schule, die Numeriker:innen, usw.” Diese Inseln sollen mithilfe der J-YMA näher zusammengerückt werden. Dazu gehört auch, die Generationengrenzen aufzubrechen und den Austausch zu forcieren. In Zukunft soll deshalb mit kreativen Ansätzen wie Mentoring Programmen oder moderierten Diskussionsabenden mehr generationenübergreifender Austausch stattfinden.  

Prof. Helmut Schweiger & Prof. Franz Tschuchnigg bekommen den ersten J-YMA Merch in Form einer J-YMA Kaffeetasse für ihre inhaltliche Unterstützung (Credit: J-YMA)
Prof. Helmut Schweiger & Prof. Franz Tschuchnigg bekommen den ersten J-YMA Merch in Form einer J-YMA Kaffeetasse für ihre inhaltliche Unterstützung

“Dem thematischen Schwerpunkt „Generationendialog“ wohnt traditionell die Herausforderung der richtigen Anrede inne”, so Granitzer. Gar nicht so leicht: “Ist es nun „Sie mit Vornamen“, „Sie mit Nachnamen“, „Sie mit Titel(n) und Nachnamen“? Welche Titel hat er/sie/Sie überhaupt, und sind diese vor- oder nachgestellt? Oder doch ganz einfach „Du“? Diese Herausforderung haben wir nun damit gelöst, dass wir im Zweifelsfall einfach in englischer Sprache kommunizieren – da ist das „you“ einfach treffsicherer.” 

PRO-Tipp der Redaktion: Unsicher, wie die korrekte Ansprache in einem E-Mail lautet? Beginne deinen Arbeitstag mit diesen Mails und eröffne ganz einfach mit “Guten Morgen!” 

Noch mehr Austausch?

65 Euro Ersparnis, klingt gut? Wir machen an dieser Stelle ein wenig Werbung – und zwar kostet mit einer J-YMA-Mitgliedschaft der jährliche Mitgliedsbeitrag bei der Österreichischen Gesellschaft für Geomechanik ÖGG nur mehr 40 Euro (bis zum 35. Lebensjahr) statt 105 Euro, für Studierende sogar nur 20 Euro. Eingeschlossen sind die digitale Version des Journals „Geomechanik & Tunnelbau“, der vergünstigte Teilnahmebetrag am Geomechanik-Kolloquium sowie unsere Events, welche auf diese Weise kostenlos veranstaltet werden können (Kaffee, Kuchen, Bier & Abendessen zumeist eingeschlossen).

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Elf Acht Freunde müsst ihr sein 

Das Steering Committee (Credit: J-YMA)
Das Steering Committee (Credit: J-YMA)

Wenn das J-YMA Steering Committee, zu dem auch der Diplomingenieur gehört, tagt, kommt es eher einem Besuch unter Freunden gleich als einer Sitzung. “Die acht Akteur:innen pflegen mittlerweile eine enge Freundschaft, die bereits mehrere Jahre zurückreicht, bei einigen sogar Jahrzehnte.” Feierabendbier, Garteln in der gemeinsamen Gemüsepachtparzelle, Junggesellenabschiede – freundschaftlicher Austausch eben – “es macht uns Freude, diesen Team-Gedanken vermehrt über die Organisationsgrenzen hinweg zu spinnen und wertschätzende Kommunikation zu ermöglichen – davon profitieren alle Stakeholder, außer vielleicht Jurist:innen, die künftig mit weniger Auftragsvolumen auskommen müssen.” 

Strategiesitzung - ein Treffen unter Freunden (Credit: J-YMA)
Strategiesitzung – ein Treffen unter Freunden (Credit: J-YMA)

Zusammenarbeit ist bei der stark disziplinenübergreifenden Geotechnik essentiell. Nur durch “das gezielte Zusammenwirken” unterschiedlicher Disziplinen können Fragestellungen beantwortet und Probleme nachhaltig gelöst werden. Die J-YMA sind aktuell (aufgrund der organisatorischen Verankerung der Mitglieder des Steering Committees) an den Universitäten und Planungsbüros bereits gut vertreten und auch bei den ausführenden Unternehmen auf dem aufsteigenden Ast. “Wo es noch Aufholbedarf gibt”, so Granitzer”, “ist im Bereich der produzierenden Unternehmen und öffentlichen Auftraggeber.”  

Die Rückmeldungen seien von allen Seiten durchwegs positiv und Überzeugungsarbeit meist nur mehr bei den Arbeitsgebern zu leisten, “in Bezug auf Freistellung für die einzelnen J-YMA-Aktivitäten”, führt Granitzer aus. “Hier schwebt uns ein „Friends of J-YMA“-Modell vor: Organisationen, welche ihren Mitarbeitern das Partizipieren an den J-YMA-Events ermöglichen, etwa durch Übernahme der Mitgliedsbeiträge oder Freistellung für Events, sollen sichtbar gemacht werden – dies werden wir uns für die nächste 3-Jahres-Periode ab Oktober 2023 vornehmen.” 

Bis es so weit ist, gratulieren wir erstmal zum Einjährigen und wünschen viel Erfolg für die Zukunft!  

Bernhard Klampfer, Elisabeth Sattlegger, Nina Obereder und Theresa Voit (alle J-YMA Steering Committee) und Lukas Riepler (J-YMA Mitglied) beim Feiern (Credit: J-YMA)
v.l.: Bernhard Klampfer, Elisabeth Sattlegger, Nina Obereder und Theresa Voit (alle J-YMA Steering Committee) und Lukas Riepler (J-YMA Mitglied) beim Feiern

Über Andreas Granitzer:

Andreas Granitzer ist noch keine 30 Jahre alt, verfügt aber bereits über bald zehn Jahre Berufserfahrung, zwei Masterstudien, eine laufendes Doktoratsstudium, eine beeindruckend lange Liste an Projekten und Forschungstätigkeiten – und Spanisch und Russisch spricht er auch noch (mehr als ‘Da, Vodka!’, vermutlich aber weniger, als es für die Lektüre von Dostojewski’s “Schuld und Sühne” braucht).

Neben seiner Tätigkeit im J-YMA Steering Committee bleibt dem gebürtigen Londoner auch noch Zeit für Kanupolo, „Too good to go“-Surprise Bags jagen und den Besuch von Sportevents aller Art – vom Bobfahren in Igls über die 3×3 Basketball WM in Wien bis zum Handball Match des UHK Krems.

(Credit: J-YMA)

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Unser Arbeitstitel lautete übrigens „It’s fun to stay at the J-YMA.“ Für alle, die sich das ebenfalls gedacht oder spätestens jetzt einen Ohrwurm haben, gibt es an dieser Stelle unsere ganz eigene Version des Klassikers der Village People – wie der Tanz geht, weiß hoffentlich jeder! 

Young one, there’s no need to feel down 
I said, young one, dig a hole in the ground 
I said, young one, ‚cause you’re in a new town  
There’s no need to be unhappy  

Young one, are you listening to me?  
I said, young one, what do you want to be?  
I said, young one, you can make real your dreams 
But you got to know this one thing 

It’s fun to stay at the J-YMA 
It’s fun to stay at the J-YMA 

Veröffentlicht am
Kategorisiert in eguana.team

Von Anna Riedler

Als der Orientierungssinn vergeben wurde, hatte sich Anna gerade verlaufen. Umso besser, dass ihre Arbeit mit Baustellen nur peripher zu tun hat – sie würde vermutlich nie wieder zurück ins Büro finden. Stattdessen schreibt die studierte Journalistin fleißig Texte für unsere Homepage, unseren Blog, und literaturnobelpreisverdächtige Kurzbeschreibungen.