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  • Ein neuer Tiefpunkt 

    Ein neuer Tiefpunkt 

    Die hard Dig Deep – jetzt erst recht 

    Willkommen zurück zu unserem unterirdischen Abenteuer! Heute gehen wir es gemütlich an und fahren einfach eine Runde mit der U-Bahn – denn um die geht es in unserem heutigen Blogbeitrag! 

    ***** 

    Nachdem in Wien aber noch ein bisschen gebaut wird, bis das Linienkreuz U2xU5 fertig ist, haben wir uns ein wenig in der Welt umgeschaut.  

    Selbstverständlich interessiert uns nicht jede U-Bahn – wir sind da sehr verwöhnt. Nachdem unsere Suche nach den U-Bahnen mit dem besten kulinarischen Konzept leider nicht so erfolgreich war, haben wir uns ein anderes – hoffentlich ähnlich spannendes – Auswahlkriterium gesetzt und die außergewöhnlichsten U-Bahnen der Welt besucht. 

    Ganz, ganz unten 

    Wir beginnen diesmal ganz untern, und zwar 105,5 Meter weit unten. Die U-Bahn-Station Arsenalna in Kiev, Ukraine, ist die tiefste U-Bahn-Station der Welt. Sie wurde im Jahr 1960 eröffnet und ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt in der ukrainischen Hauptstadt und wird täglich von mehr als 26.000 Fahrgästen frequentiert. Die Konstruktion der Station dauerte vier Jahre und war aufgrund der geologischen Bedingungen technisch anspruchsvoll. Die Fahrt mit den Rolltreppen zur Oberfläche dauert etwa fünf Minuten, was die Rolltreppe zu einer der längsten in Europa macht. 

     

    Die Station Arsenalna – Credit Wikimedia Commons https://commons.wikimedia.org/wiki/File:%D0%90%D1%80%D1%81%D0%B5%D0%BD%D0%B0%D0%BB%D1%8C%D0%BD%D0%B0%D1%8F_06.jpg
    Arsenalna (Credit: Wikimedia Commons)

    Tja, hier war die Geschichte wohl schneller als wir! Die Pyongyang Metro in Nordkorea befindet sich nämlich in einer Tiefe von 110 Metern und liegt somit doch ein kleines Stückchen tiefer! Vielleicht ist das alles aber auch nur Propaganda. Durch ihre Tiefe sowie Schutztüren in den Gängen kann sie gleichzeitig als Luftschutzbunker dienen.  

    Zur Pyongyang Metro geht es tief hinunter (Credit: Wikimedia Commons https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Pyongyang_Metro_September_2015_02.jpg )
    Zur Pyongyang Metro geht es tief hinunter (Credit: Wikimedia Commons)

    Wieder daneben! Die tiefste U-Bahn-Station der Welt ist nämlich die Hongyancun in China! Seit 2022 ist die Station mit 116 Metern die tiefste U-Bahn-Station der Welt.* Dieses Video zeigt ganz gut, wie weit es in Hongyancun in die Tiefe geht: 

    https://www.reddit.com/r/BeAmazed/comments/1culpmy/the_deepest_subway_station_in_china/?share_id=VKivHzNSaEU6bwkvAq_La&utm_content=1&utm_medium=android_app&utm_name=androidcss&utm_source=share&utm_term=14

    Zum Vergleich: Wiens aktuell tiefste U-Bahn-Station ist die U1-Station Karlsplatz mit 25 Metern. Die neue U2-Station Neubaugasse wird in 37 Metern Tiefe ihren Bahnsteig haben – ein Kinkerlitzchen im Vergleich mit ihren internationalen Verwandten. 

    Vergleich tiefer U-Bahn-Stationen (Credit: eguana/Stefaner)
    (Credit: Stefaner/eguana)

    ♪ Pausenlos, durch die Nacht ♫ 

    Überraschenderweise landen wir nach dieser Rolltreppenfahrt direkt in New York – wer hätte das gedacht?  

    New York! Heimat der Freiheitsstatue, des Times Square… und der New Yorker U-Bahn.  

    Erbaut im frühen 20. Jahrhundert, ist sie nicht ganz so umfangreich wie die Londoner U-Bahn und umfasst nur etwa 373 km Strecke (aber dafür gibt es die Londoner U-Bahn, die 400 Kilometern umfasst, schon deutlich länger, also scheint das in Ordnung für uns). Mit insgesamt 472 Stationen rühmt sie sich nicht nur der größten Anzahl einzelner Haltestellen aller U-Bahn-Systeme der Welt, sondern ist auch das einzige, das 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr betrieben wird. Macht Sinn, ist doch New York die „Stadt, die niemals schläft“.  

    Warum man das wollen würde – also niemals schlafen – ist für uns persönlich nicht nachvollziehbar. Schlaf ist toll! Also machen wir uns auf in eine etwas gemütlichere Metropole, die mit dem Klischee „Die Stadt des Nebels“ („the big fog“) quasi zu einem gemütlichen Nickerchen einlädt.

    Vereinfachte Karte des New Yorker U-Bahn-Systems (Credit: Wikimedia Commons) https://commons.wikimedia.org/wiki/File:NYC_subway_simplified_map.png
    Vereinfachte Karte des New Yorker U-Bahn-Systems (Credit: Wikimedia Commons)

    Unschlagbar! 

    Noch länger, noch schneller, noch mehr Stationen – um Weltrekorde kann man streiten. Nicht aber um diesen. Am 10. Jänner 1863 eröffnet, ist die Londoner U-Bahn für alle Zeiten das erste und älteste U-Bahn-Netz dieses Planeten. Liebevoll bekannt als „The Tube“ spielte sie eine entscheidende Rolle bei der Revolutionierung des städtischen Verkehrs und der Gestaltung des Wachstums und der Entwicklung von London. Und tatsächlich steht sie auch in direktem Zusammenhang mit dem Spitznamen „Stadt des Nebels“ (oder dachtet ihr wirklich, wir verwenden den hier nur zufällig?). 

    Die massive Industrialisierung im 19. Jahrhundert führte zu einer starken Verschmutzung der Luft in London, was zu gesundheitlichen Problemen und einer beeinträchtigten Lebensqualität in der Stadt führte. Die Verkehrsüberlastung auf den Straßen verschärfte das Problem zusätzlich. 

    Der Bau der Londoner U-Bahn bot einerseits eine Lösung für das Verkehrsproblem der überfüllten Straßen und verringerte andererseits die Abhängigkeit von Dampflokomotiven. Gleichzeitig entkamen die Menschen bei ihrer unterirdischen Reise dem schädlichen Smog. Sozusagen eine Win-Win-Win-Situation!

    Die Station Edgware Road wurde 1924 eröffnet - immer noch ein halbes Jahrhundert vor der Eröffnung der Wiener-U-Bahn Credit: Wikimedia Commons, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Edgware_Road_(Bakerloo_line)_southbound_platform.jpg)
    Die Station Edgware Road wurde 1924 eröffnet – immer noch ein halbes Jahrhundert vor der Eröffnung der Wiener-U-Bahn (Credit: Wikimedia Commons)

    Nur länger ist länger 

    Zeit für einen Längenvergleich! Aber nicht doch, wo denkt ihr hin! Wir haben bereits von New York (373 Kilometer) und London (400 Kilometer) gehört – das ist beides schon ziemlich beachtlich, umfasst doch das Wiener U-Bahn-Netz im Gegensatz dazu lediglich schlappe 83 Kilometer. Es geht aber noch viel, viel länger! 

    Also machen wir einen Sprung nach Shanghai. Hier, in der größten Stadt Chinas gibt es mit Ende 2022 bereits 802 Kilometer U-Bahnnetz. Definitiv ein Weltrekord, den sich die Mega-Metropole zusätzlich mit den weltweit meisten U-Bahn-Linien absichert. 

    Bild der Shanghaier U-Bahn
    Bild der Shanghaier U-Bahn

    Bei 26 Millionen Einwohnern ist das auch dringend nötig. Das U-Bahn-System in Shanghai ist eines der am stärksten frequentierten U-Bahn Systeme der Welt. In täglichen Passagieren ausgedrückt reden wir hier von etwa 11,2 Millionen Fahrgästen (zum Vergleich: In Wien liegen wir bei etwa 2 Millionen täglich, das beinhaltet allerdings sämtliche öffentliche Verkehrsmittel; nur etwa die Hälfte davon entfällt auf die U-Bahn. In Berlin sind es 3,8 Millionen täglich, die vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg befördert werden). 

    Längenvergleich diverser U-Bahnen (Credit: eguana/Stefaner)

    Und dabei verfügt die U-Bahn in Shanghai auch noch über moderne Züge und Infrastruktur, die den Fahrgästen Komfort bieten, und punktet zusätzlich mit Effizienz und Pünktlichkeit.  
    Den Weltrekord für Pünktlichkeit kann sich die U-Bahn in Shanghai trotzdem nicht holen. 

    Der Netzplan der Shanghaier U-Bahn oder doch nur ein wirrer Punktehaufen? (Credit: Wikimedia Commons) https://commons.wikimedia.org/wiki/File:2001Shmetroplan1.jpg
    Der Netzplan der Shanghaier U-Bahn oder doch nur ein wirrer Punktehaufen? (Credit: Wikimedia Commons)

    Weil jede Sekunde zählt 

    Manchmal geht es bekanntlich um jede Sekunde. Zeit ist ja schließlich Geld.  

    Die U-Bahn in Tokio, auch bekannt als Tokyo Metro, ist berühmt für ihre außergewöhnliche Pünktlichkeit. Sie gilt als die pünktlichste U-Bahn der Welt – ein Muss in einer Stadt, wo täglich 10 Millionen Passagiere befördert werden müssen. Die Stadt hat zwei öffentliche U-Bahn-Betreiber, die ihre Züge nicht nur miteinander, sondern auch mit oberirdischen Zugverbindungen koordinieren müssen. Schon eine kleine Verspätung kann also einen Dominoeffekt auslösen, der einen großen Teil des öffentlichen Verkehrsnetzes betrifft.  

    Das beeindruckende Maß an Zuverlässigkeit wird durch präzise Zeitpläne, strenge Wartung und hochmoderne Signal- und Zugsteuerungssysteme erreicht. Angesichts der enormen Zahl von Menschen, die auf die Dienste der Tokioter Metro angewiesen sind, ist es von entscheidender Bedeutung, die Verspätungen auf ein Minimum zu beschränken. 

    Keine Zeit für Verspätungen (Credit: Wikimedia Commons) https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Tokyo_Metro_message_advising_telework_or_off-hours_commute.jpg
    Keine Zeit für Verspätungen (Credit: Wikimedia Commons)

    Darüber hinaus gibt es aber noch einen Aspekt, der die U-Bahn in Tokio zu etwas ganz Besonderem macht: 
    Tokio liegt in einer seismisch aktiven Region und ist daher anfällig für Erdbeben. Dies hat die Betreiber der Tokioter U-Bahn dazu veranlasst, umfangreiche Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit der Fahrgäste während seismischer Ereignisse zu gewährleisten. Die U-Bahn verfügt über ein ausgeklügeltes Frühwarnsystem, das es den Betreibern ermöglicht, bei einem Erdbeben sofort zu reagieren und die Züge sicher anzuhalten. Darüber hinaus sind die Tunnel und Bahnhöfe der U-Bahn so konstruiert, dass sie erdbebensicher sind und den Auswirkungen von starken Erschütterungen standhalten können. 

    Ein wichtiger Teil des erdbebensicheren Designs der Tokioter U-Bahn sind die flexiblen Gleise und Strukturen, die sich während eines Erdbebens bewegen und verformen können, ohne dabei ernsthaft beschädigt zu werden.  

    Persönliche Rekorde 

    Bleibt abschließend die Frage: Welchen Rekord kann die Wiener U-Bahn eigentlich vorweisen? Bei Länge, Tiefe und der Anzahl an beförderten Passagieren müssen wir uns leider hintenanstellen. Nichtsdestotrotz hat auch die Wiener U-Bahn ein paar Rekorde zu verzeichnen, auch wenn sie eher eguana-interner Natur sind: 

    Die von den meisten eguanas genutzte U-Bahn weltweit mit durchschnittlich 20 Fahrten pro Werktag ist die Linie U3 – wenig verwunderlich, bringt sie doch mehr als die Hälfte von uns mehrmals pro Woche ins Büro und wieder nach Hause 

    Die U3 ist außerdem auch mit 46 Prozent die (eguana-intern) beliebteste U-Bahn. Ob das an der schönen, orangen Farbe liegt, oder doch eher daran, dass sie den Westen Wiens so wunderbar ans Zentrum anbindet?

    Und natürlich ist die Wiener U-Bahn auch die mit den (für uns) schönsten Geschichten!  

    Kurz gesagt: Das Wiener Öffi-Netzwerk ist eines, von dem wir begeistert sind – was kümmert uns ein Weltrekord, wenn wir die perfekte Kombination aus Fahrkomfort und guter Verkehrsanbindung direkt vor der Tür haben?

    THE END 

    ***** 

    *Sind wir uns da sicher? Nein, absolut nicht! Wenn du diesbezüglich mehr weißt als wir, schreib uns!  

  • Digging Deep 2 

    Digging Deep 2 

    Tiefer geht (n)immer

    Alle stehen am Abgrund – außer Peter, der geht noch’n Meter. Okay, okay, der war tief – fast so tief wie das tiefste Hotel der Welt. Im heutigen Beitrag und dem zweiten Teil unserer ‘Digging Deep’-Serie widmen wir uns den tiefsten Strukturen der Welt.  

    (Unser motivierter und begeisterungsfähiger Mechatroniker Peter geht übrigens tatsächlich immer einen Meter beziehungsweise die sprichwörtliche „extra mile“ weiter. Nicht nur, wenn er sich in Parcours versucht und nahe am Abgrund turnt, sondern auch in seiner täglichen Arbeit – Danke für deinen Einsatz, Peter!) 

    ***** 

    Disclaimer: Die fünf Strukturen, die wir euch heute präsentieren, sind unsere persönlichen Top 5 – wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, im Gegenteil: Wir freuen uns über eure eigenen Favoriten!

    ein kleiner Spoiler (Credit: eguana / Stefaner)
    ein kleiner Spoiler (Credit: eguana / Stefaner)

    #1: Das tiefste Labor 

    Mit einem Faible für alles Naturwissenschaftliche zieht es uns magnetisch hin zu Einrichtungen, in denen Forschung betrieben wird. So auch im Jinping Underground Laboratory in den gleichnamigen Bergen der chinesischen Provinz Sichuan, bekannt vor allem wegen dem Szechuanpfeffer, dessen prickelnder Geschmack ein Taubheitsgefühl von Lippen und Zunge auslöst.  

    Das Laboratorium befindet sich 2400 Meter unter der Erde und ist somit die tiefste Forschungseinrichtung der Welt. Durch die Kilometer dicke Schutzschicht ist die kosmische Strahlung extrem gering und das Labor damit der ideale Ort für Forschung zur Neutrinophysik (eine Behauptung, die wir einfach einmal glauben). 

    Blick in das tiefste Labor der Welt (Credit: 2015 Jinping Neutrino Experiment) http://jinping.hep.tsinghua.edu.cn/Pictures.php)
    Credit: 2015 Jinping Neutrino Experiment  

    #2: Der tiefste Keller 

    Wer erinnert sich noch an das Gedankenspiel unserer Kindheit: “Was passiert, wenn man ein Loch quer durch die Erde gräbt? Landet man dann am Ende in Australien? Voll praktisch, wieso hat das eigentlich noch keiner gemacht?” 

    Die Antwort: Weil man (wenn man von diversen anderen Schwierigkeiten absieht) nicht in Australien landen würde. Wieso das denn? Na, weil die Erde zu über 70 Prozent von Wasser bedeckt und die Wahrscheinlichkeit dementsprechend hoch ist, im Wasser zu landen.  

    Wenn ich beispielsweise im Keller meiner Wohnung in Wien anfangen würde, senkrecht nach unten zu graben ... (Credit: antipodesmap.com)
    Wenn ich beispielsweise im Keller meiner Wohnung in Wien anfangen würde, senkrecht nach unten zu graben … (Credit: antipodesmap.com) 
    ... würde ich am Ende ganz schön nass werden. (Credit: antipodesmap.com)
    ... würde ich am Ende ganz schön nass werden. (Credit: antipodesmap.com) 

    Wenn man nach Australien möchte, muss man also irgendwo im Nordatlantik zu graben anfangen. Jippie.  

    Wenn man den Spieß umdreht und stattdessen in Australien mit der Graberei beginnt, startet man (oder frau natürlich – wir wollen dieses Unterfangen niemandem vorenthalten!) am besten im Keller des Sydney Opera Houses. Der Wilson Parking’s Sydney Opera House Car Park erreicht nämlich eine beeindruckende Tiefe von 37 Metern und ist damit der tiefste Keller der Welt.  

    Damit nicht genug, auch die Struktur an sich ist eine absolute Besonderheit, der Car Park ist nämlich in Form einer Doppelhelix angelegt, so wie die menschliche DNA. Zwei ineinander verschlungene Helices ermöglichen einerseits, die Anzahl der Notausgänge zu minimieren (gesetzlich vorgesehen ist, dass sich in einem Abstand von 60 Metern zu jedem Ort, an dem sich eine Person auf dem Parkplatz aufhält, ein Notausgang befinden muss). Auf der anderen Seite erlaubt es die Struktur, zwölf Stockwerke unterzubringen, obwohl man nur sechs Stockwerke in die Tiefe fahren muss (und anschließend sechs weitere entlang der zweiten Helix wieder hinauf – die Beschreibung genügt, dass uns schwindlig wird!). 

    Eine clevere, stabile Struktur, abgeschaut vom größten Baumeister der Welt – der Natur. 

    Das Sydney Opera House verfügt über den tiefsten Keller der Welt (Credit: stanbalik auf pixabay)
    Credit: stanbalik auf pixabay

    #3: Das tiefste Hotel 

    Zwischen 400 und 638 Euro kostet eine Nacht im Deep Sleep Hotel in Wales. Wer in seinem Urlaub etwas Erholung erwartet, investiert sein Geld besser anders, denn die Nächtigung im tiefsten Hotel der Erde ist kein Wellnessaufenthalt. Im Gegenteil:  

    Wer in die verlassene Schiefermine möchte, muss zunächst einen Gipfel im Eryri-Nationalpark erklimmen, um anschließend, ausgerüstet mit Helm, Stirnlampe und Klettergurt, 1.375 Fuß weit ins Innere des Berges vorzudringen. “Steil und herausfordernd” beschreiben die Betreiber den Weg, der über alte Bergmannstreppen, verfallene Brücken und Klettersteige führt. Vier kleine Holzhütten für jeweils bis zu zwei Personen und eine Grotte, mehr Schlafgelegenheiten umfasst das Deep Sleep, das sich nicht als Hotel, sondern als “abgelegenes Camp-Abenteuererlebnis“ versteht, nicht. 

    Wie genau der Abstieg aussieht, wie die Minen trockengelegt wurden und alle weiteren Informationen gibt es auf der offiziellen Website.

    Wer sich ein Bild vom Aufenthalt im Deep Sleep verschaffen möchte, findet hier eine Galerie. Das Hotel ist nämlich auch in Hinblick auf ihre Bildrechte unglaublich exklusiv – so exklusiv, dass wir ihre Fotos in unserem Blog nicht verwenden dürfen. Klickt euch stattdessen durch die Galerie – es lohnt sich!  

    #4: Die tiefste Mine 

    Bis 2023 war die TauTona Goldmine in Südafrika mit über 3.900 Metern Tiefe die tiefste Mine der Welt. Diesen Rang hat ihr aber mittlerweile ihre Nachbarmine Mponeng abspenstig gemacht. Diese dringt seit Kurzem volle vier Kilometer ins Erdinnere vor, abgebaut wird dort Gold.  

    Die Goldreserven (die im Vergleich zu den Goldressourcen ‘leicht’ und rentabel abbaubar sind) betragen 1.9 Millionen Unzen, umgerechnet rund 53 Tonnen Gold (Für wen das nicht nach viel klingt: Bei einem aktuellen Goldpreis von ca. 60.000 Euro pro Kilobarren kommt man auf über 3 Milliarden Euro*). Die Anzahl der Jahre bis zum Ende der Mine, basierend auf dem aktuellen Minenplan, beträgt somit sieben Jahre.  

    Goldbarren - vielleicht sogar aus der tiefsten Mine der Welt (Credit: Stevebidmead/pixabay)
    Credit: Stevebidmead/pixabay

    #5: Der tiefste menschgemachte Punkt der Welt 

    Im Kalten Krieg wetteiferten die Sowjetunion und die USA um Rekorde, egal ob beim Sport oder in der Technologie. Die Vereinigten Staaten waren zuerst auf dem Mond – die Russen dafür zuerst in der Hölle.  

    Es begann 1970 mit dem Startschuss zu einem Projekt, an dessen Ziel es stand, die bis dahin tiefste Bohrung der Welt, ein 9.583 Meter tiefes Bohrloch in Oklahoma, zu übertrumpfen. Nach dem Space Race also ein Wettlauf zum Mittelpunkt der Erde.  

    Über das Ziel hinaus

    Neun Jahre später war der Wunsch erreicht, das 200 Tonnen schwere Gestänge der Bohrmaschine hatte sich mit seinem 21 Zentimeter breiten Bohrkopf tief in das Gestein der russischen Halbinsel Kola eingegraben. Doch das war nicht genug, 15 Kilometer sollte das Loch in die Tiefe reichen.  

    Das Vorankommen wurde schwerer, je tiefer sie kamen, denn auf 12.262 Meter (eine Tiefe, die die Sowjets 1989 erreichten) war es 80 Grad heißer als die prognostizierten 100 Grad Celsius. 

    Schreie aus der Hölle 

    Als mit einem ins Bohrloch hinabgelassenen Mikrofon Geräusche aufgenommen wurden, entstanden Gerüchte, es handle sich um die Schreie von Menschen und man habe die Hölle angebohrt.

    Ein norwegischer, religionskritischer Lehrer machte sich aus der Geschichte einen Scherz und ließ eine ausgeschmückte Version der Geschichte, in der nach einer Explosion ein fledermausartiges Ungetüm aus dem Bohrloch kam, dem religiösen amerikanischen Trinity Broadcasting Network zukommen, von wo aus sich die Legende in den USA verbreitete.  

    1992 fand das Projekt ein Ende, die Wissenschafter wurden abgezogen. Seit damals ist die Kola-Bohrung die tiefste (wenn auch nicht mehr die längste) Bohrung der Welt. Ein ziemlich beeindruckendes Ende unserer tiefsten Höhepunkte! 

    Überreste der Bohrarbeiten (Credit: Andre Belozeroff / Wikimedia Commons) 
    Überreste der Bohrarbeiten (Credit: Andre Belozeroff / Wikimedia Commons

    ***** 

    Damit haben wir das Ende unserer Top 5 der tiefsten menschgemachten Strukturen sowie unseres heutigen Blogbeitrags erreicht. In unserem nächsten Beitrag der Serie widmen wir uns der U-Bahn, über die es einige spannende Fakten zu berichten gibt!  

    THE END 

    ***** 

    *Wir hoffen, die Rechnung stimmt! 

  • Grimsel – hinter den Kulissen des Megadamms

    Grimsel – hinter den Kulissen des Megadamms

    Der Winter war dunkel genug – Zeit für einen Ausflug in den Schnee, zum Jahrhundertprojekt Neubau Staumauer Spitallamm.

    *****

    1.900 Meter über dem Meer, mitten in den Berner Hochalpen, zieht sich eine gebogene graue Mauer durch die pittoreske Schneelandschaft. 94 Millionen Kubikmeter Stauvolumen befinden sich hinter der über hundert Meter hohen Staumauer Spitallamm. Auf der anderen Seite entsteht – ausgerechnet eine weitere Mauer.

    Kai Lehner ist mit dem Ersatz der alten Staumauer beauftragt. Wir haben mit dem Bauleiter der ARGE Grimsel über das Megaprojekt gesprochen.

    *****

    Während sich in Wien die Menschen über jede einzelne Schneeflocke freuen, die vom Himmel fällt, gibt es im Berner Oberland Schnee, soweit das Auge reicht. Statt wenigen Graden über Null herrschen Minusgrade. Hier befindet sich, auf über 1.900 Metern Höhe, der Grimselsee, aufgestaut durch zwei gigantische Staumauern: Seeuferegg und Spitallamm. Beide Staumauern wurden in den 1930er Jahren erbaut. Während die Seeufereggsperre, eine Gewichtsmauer, zwar 300 Meter lang, dafür nur 42 Meter hoch ist, ist Spitallamm 114 Meter hoch und war damit zur Zeit des Baus eine der höchsten Talsperren überhaupt.

    Mittlerweile ist das Bauwerk in die Jahre gekommen. Zwei Risse in der einfach gebogenen Mauer machen eigentlich eine Sanierung notwendig – allerdings an der mit Wasser gefüllten Innenseite des Damms. Statt also das bestehende Bauwerk zu reparieren, soll eine neue Staumauer entstehen, vor der alten.

    Gezwungenermaßen, denn die Schneemassen machen eine Baupause bis April notwendig. Gut für uns, denn dadurch hat Bauleiter Kai Lehner Zeit, mit uns ein bisschen über dieses gigantische Projekt zu plaudern.

    Eine gigantische Baustelle – auf Winterpause

    Tatsächlich kann hier nur sechs Monate im Jahr gearbeitet werden: Die Saison beginnt im Hochgebirge im April mit Schneeräumarbeiten, „von Mai bis Oktober betonieren wir, und dann brauchen wir noch 2 Wochen, um alles wieder winterfest zu machen.“

    Seit 2019 wird daran gearbeitet, vor der bestehenden Staumauer eine zweite Staumauer zu errichten.  

    Kai Lehner ist seit einem Jahr dabei. Spezialist für Staudämme ist der 29-jährige eigentlich nicht. Bevor er zu dem Projekt gekommen ist, hat er am Neubau eines Autobahntunnels gearbeitet. “Spezialisten für Dämme gibt es eigentlich nur durch Erfahrung”, erklärt er. “Wir haben in der Schweiz seit Jahrzehnten keinen neuen Damm mehr gebaut. Aus diesem Grund ist diese Erfahrung in der Schweiz sehr rat. Aber rein technisch ist die Schwierigkeit, einen Damm zu bauen, überschaubar. ” Viel Spielraum für Eigeninitiative gäbe es nicht.

    Die neue Mauer soll langfristig die alte vollständig ersetzen und mit einer Höhe von 113 Metern und einer Kronenlänge von 212 Metern langfristig die Stromproduktion aus dem Grimselsee sicherstellen. ““Das wird zum ersten Mal so gebaut. Es gab Prototypen, Ideen, aber in dieser Form gibt es das eigentlich noch nirgends.”

    „Der Grimselsee ist eine Wasserscheide. Alles, was in den Grimselsee kommt, fließt am Ende in die Nordsee.”

    Der Grimselsee befindet sich im Quellgebiet der Aare, die von dort aus weiter in den Rhein fließt. Der Rhein wiederum fließt durch ganz Deutschland, um letztendlich in der Nordsee zu münden. Alles, was etwas südlicher an Regen fällt, fließt jedoch ins Mittelmeer.

    Hinter der Mauer ist vor der Mauer

    Warum aber überhaupt eine neue Mauer bauen? „Der alte Damm ist sanierungsbedürftig”; so Kai Lehner. “Und einen neuen Damm vor den alten zu bauen ist wirtschaftlich gesehen die sinnvollste Lösung.“

    Betrachtet man das Bauprojekt, erscheint es überraschend, dass das tatsächlich auch die wirtschaftlich sinnvollste Lösung ist und nicht nur einfach technisch notwendig. Aber es gibt eine Erklärung:

    „Um die bestehende Staumauer zu sanieren, müsste man erst den gesamten Stausee über mehrere Saisonen absenken.” Das würde bedeuten, dass das Speicherkraftwerk mehrere Jahre außer Betrieb wäre, mit entsprechenden Folgen für die Schweizer Energiesicherheit. Und das alles, noch bevor mit der eigentlichen Sanierung begonnen werden kann.

    “Durch den Neubau kann man die Seeabsenkung auf ein absolutes Minimum reduzieren.” Zunächst wird also die neue Staumauer gebaut, dann der See für kurze Zeit intensiv abgelassen. Das ist notwendig, weil eine Verbindung vom See zur neuen Staumauer entstehen muss, und zwar an so tiefer Stelle wie möglich. Ist dieser Durchschlag einmal geschaffen, kann der See wieder aufgefüllt werden.

    “Durch den Neubau ist es möglich, den Großteil der Arbeiten durchzuführen, ohne den Wasserstand verändern zu müssen. Geplant ist, dass eine Absenkung des Sees über insgesamt etwa vier Monate ausreichen sollte. Gerade angesichts der aktuellen Energieproblematik, aber auch in Hinblick auf den Wunsch nach erneuerbaren Energien ist der Neubau also in jeder Hinsicht die beste Lösung für alle Beteiligten.“

    Von der Idee bis zur Fertigstellung

    Ein Projekt solchen Ausmaßes wird nicht über Nacht auf die Beine gestellt. Die Planung startete 2015, bis zur Projektierung und Bewilligung dauerte es bis 2019. Sechs Jahre lang wird jeweils von Mai bis Oktober gebaut. Da nur die Hälfte des Jahres dafür genutzt werden kann, laufen die Arbeiten in diesen sechs Monaten dann dementsprechend auf Hochtouren an sieben Tagen in der Woche.

    2019 begannen die Arbeiten mit dem Felsabtrag an den beiden Flanken, die als Auflager der doppeltgebogenen Staumauer dienen.

    Diese Arbeiten wurden 2020 fortgesetzt. Im Anschluss wurde der Fundamentaushub, diversen Ausbrüchen für Liftschächte, Zugangsstollen und Co. erstellt, sowie den Montagen von Kieswerk und Betonanlage.

    2021 folgte die Montage der Kräne und dem Betonieren der Staumauer. Diese Betonierungsarbeiten wurden 2022 und 2023 fortgesetzt und sollen auch 2024 weitergeführt sowie mit Fels- und Fugeninjektionen ergänzt werden.

    2024 soll der reine Betonbau fertiggestellt sein. Was folgt, ist eine “Hochsaison der Injektionen”. Läuft alles nach Plan, wird bereits Ende 2024 „der See abgesenkt und die verschiedenen Durchschläge in den Grimselsee in einer Intensivphase über die Wintermonate gemacht. Damit der See ab April mit Schmelzwasser wieder gefüllt werden kann.” Was folgt, ist 2025 noch die letzte Phase der Felsinjektionen, Fertigstellungsarbeiten, Deinstallationen und die Endgestaltung.

    Veränderungen der letzten hundert Jahre

    1925 bis 2025 – zwischen Baubeginn der alten und Fertigstellung der neuen Mauer liegen genau hundert Jahre. In diesen hundert Jahren hat sich viel verändert.

    „Man hat viel modernere Berechnungsprogramme, ein viel größeres Know-how – das heißt, die Kraft vom Wasserdruck über die Staumauer in den Fels kann besser abgeleitet werden.” Auch das Wissen und die Herstellung von Beton haben sich verändert, sowohl in der Zusammensetzung als auch in der Verarbeitung. “Dementsprechend kann so ein Bauwerk auch länger halten.”

    Auch die Form des Damms ist mittlerweile eine andere. „Die alte Dammmauer ist eine einfach gekrümmte Bogenstaumauer. Das heißt, sie ist einfach horizontal gebogen, für die Ableitung in die Felsflanken. Aber zugleich ist sie auch noch eine Schwergewichtsmauer.” Diese Mauern werden nach unten hin breiter und erzeugen Stabilität durch ihr Gewicht. Die neue Mauer wird eine doppelt gekrümmte Bogenstaumauer – einmal in der Horizontalen gebogen, einmal in der Vertikalen. Das ist ideal für die Kraftableitung der Staumauer in den Fels.

    Lokale Betonproduktion

    Klingt so weit technisch überschaubar. „Es gibt einige Punkte, die man beachten muss, aber die Schwierigkeit ist eher das Rohmaterial, die Logistik und das Personal. Das ist die größere Herausforderung, als effektiv einen Damm zu bauen.”

    Für eine Mauer dieser Größe wird eine Menge Material benötigt. „Die Gesteinskörnung produzieren wir hier vor Ort. Wasser gibt es genug. Der benötigte Zement wird in der Schweiz produziert und angeliefert.” Außerdem braucht es riesige Mengen an Beton: nämlich 215.000 Kubikmeter. Diese werden zu einem Großteil aus dem anfallenden Ausbruchsmaterial aufbereitet, beziehungsweise aus der nahegelegenen Deponie Gerstenegg gewonnen, was Umweltbelastung möglichst gering hält. „Wir haben direkt vor der Stammmauer eine eigene Betonanlage, mischen so den Beton zusammen und lassen ihn dann von unseren zwei Kränen in 6,5-Kubik-Kübeln hochheben. Das ist eine eindrückliche Zahl.“

    120 Personen arbeiten im Saisonbetrieb auf der Baustelle. Für sie alle trägt Kai Lehner die Verantwortung. „Ich bin erst 29 Jahre alt. Da muss man sich überlegen, ob man das Tragen möchte und auch tragen kann. Die Entscheidung, das zu tun, war trotzdem in fünf Minuten getroffen. Es war genügend Zeit, um zu überlegen, aber gewusst habe ich es sofort.”

    Die eigentlichen Herausforderungen

    Einfach ist es dennoch nicht. Die größte Herausforderung für Kai Lehner und sein Team lassen sich in drei Punkten zusammenfassen, zählt er auf.

    „Der erste Punkt ist sicher das Wetter oder die Witterung. Man ist auf 2.000 Metern Höhe, da ist es jeden Tag anders. Heute morgen hatten wir Schnee – letzte Woche konnte ich im T-Shirt herumlaufen.” Sehr starker Wind sowie dichter Nebel machen den Arbeitenden das Leben schwer. „Und das Wetter ändert sich täglich, wenn nicht sogar stündlich. Der geografische Standort der Baustelle ist wirklich nicht einfach.”

    Der zweite Punkt ist die Logistik. „Man baut weit ab vom Schuss”, bringt Kai Lehner ein einfaches Beispiel: „Stell dir vor, es fehlt eine Leiter. Da kann man nicht einfach schnell zurück ins Werk, eine holen. Dementsprechend ist es auch nicht einfach, die ganzen Transporte zu organisieren und zu koordinieren. Zusätzlich haben wir wenig Platz, weil man einen Staudamm ja da baut, wo das Tal sehr eng ist.”

    An dritter Stelle steht das Personal. „Man ist die ganze Woche lang weg. Man muss hier oben schlafen, wenn man nicht zufällig direkt aus der Region kommt.” 120 Personen. Zwei Camps. 72 Zimmer. Unterbringung und Bewirtschaftung gleichen einem Hotel, so Kai Lehner. Hinzu kommt, wie so oft, die Suche nach dem geeigneten Personal. „Wir brauchen gutes Personal, weil das Projekt eine sehr hohe Qualität fordert.”

    Den Widrigkeiten und Schwierigkeiten zum Trotz laufe das Projekt sehr gut, freut sich der Bauleiter. „Die letzte Saison war höchst erfolgreich. Viele Learnings der vergangenen Saisonen konnten umgesetzt werden. Nächste Saison braucht es wirklich nur noch kleine Stellschrauben, die justiert werden müssen, aber keine großen Anpassungen.”

    Ganz oben angekommen

    Das Gefühl, ganz oben auf der Staumauer zu stehen und hinunterzublicken, sei ein schönes, und „auch ein Gefühl von Stolz. Das Tolle ist, dass man dieses Gefühl nicht nur auf sich hat, sondern auf die ganze Gruppe.” Eine hierarchische Baustelle würde hier oben nicht funktionieren, meint Kai Lehner. „Klar, es braucht Vorgesetzte, und die müssen Entscheidungen treffen. Aber ich vergleiche es immer mit einem Zahnrad, und bei einem Zahnrad muss jeder Zacken gleich lang sein. Auf der Baustelle schafft man das nur als Team oder sogar als Familie. Und der Stolz auf dieses Team überwiegt den individuellen Stolz.”

    Der schönste Moment war für ihn deshalb auch das Gruppenfoto in der Mitte der Staumauer. „Da hat man einmal die Anzahl der Leute gesehen! Wir sind hier überall verteilt. Wir arbeiten sieben Tage die Woche in Schichten, es gibt halt einfach kleine Gruppen. Aber in dem Moment hat man zum ersten Mal gesehen, wie große eine Baustelle mit 120 Leuten ist. Das war schon eindrücklich, würde ich sagen.”

    Ob es nicht ein mulmiges Gefühl ist, wenn man unten steht und hinaufschaut, an die Wassermassen denkt, die gegen den Beton drücken? Kai Lehner wiegelt ab, so schlimm sei es nicht. „Aber man merkt schnell, wie klein man ist. Und was hundert kleine Menschen alles bewirken können.”

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    Über Kai Lehner

    Aufgewachsen in den Schweizer Bergen ist es kein Wunder, dass es Kai Lehner an den Grimselsee gezogen hat. Dabei wollte der gebürtige Löschentaler eigentlich Helikopterpilot werden (Für diejenigen, die in der Schweizer Geografie nicht bewandert sind: Das Löschental befindet sich im Oberwallis. Wem das noch immer nichts sagt: Wallis ist ein Kanton im Südwesten der Schweiz.). Seine Leidenschaft für Staudämme entdeckte er bereits in frühester Kindheit, als er mit Begeisterung Bachläufe blockierte.

  • Offene Fehlerkultur in geschlossenen Tunneln 

    Offene Fehlerkultur in geschlossenen Tunneln 

    Eine Reise vom Tunnel unter Omas Blumenbeet zu einem der größten Projekte in Sachen Kompensationsinjektionen in ganz Europa 

    Baustellen sind in sich geschlossene Systeme. Während über Erfolge geredet wird, dringt wenig darüber an die Außenwelt, was es gebraucht hat, um ans Ziel zu kommen. In diesem Beitrag wollen wir anhand eines Beispiels thematisieren, wieso es viel mehr offene Kommunikation im Bau braucht, um die Branche nach vorne zu bringen.  

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    Es ist Arbeit im Millimeterbereich auf der Tunnelbaustelle der Wiener U-Bahn: Wenn sich der Boden oberhalb des neugegrabenen Tunnels senkt, muss injiziert werden, um die darüberliegenden Gebäude zu sichern. Bauingenieur Florian Özkoral arbeitet gemeinsam mit seinem Team und eguana daran, diese Prozesse zu optimieren. Gar nicht so einfach – vor allem, weil Bauingenieure und Entwickler selten dieselbe Sprache sprechen! 

    Zeit für ein Intro im besten Blockbuster-Stil: Wir zoomen vom Weltraum auf die Erde, tauchen durch die Wolkendecke und nähern uns rasant einer Großstadt. Schon lassen sich die einzelnen Gebäude unterscheiden, doch wir zoomen immer weiter rein, durchfliegen ein paar Straßenzüge und biegen dann abrupt ab – nach unten! In eine Baugrube gigantischen Ausmaßes, vorbei an einigen beeindruckenden Baumaschinen kommt die Kamera auf einem Bauingenieur zum Stillstand, der – das Tablet in der Hand – gerade im intensiven Gespräch mit seinen KollegInnen ist.  

    Was wir sehen, ist ein Ausschnitt der Bauarbeiten entlang der Verlängerung der U-Bahn-Linie 2 in Wien. Hier sorgen täglich ca. 90 Kompensationsinjektionen mit knapp 3m3 verpresstem Material dafür, dass der Boden nicht nachgibt und an dem Schacht und über dem Tunnel befindliche Gebäude nicht absinken.  

    Die Kamera verharrt kurz – um uns dann ebenso schnell nochmal nicht nur aus der Baugrube hinaus und in eine ländliche Gegend zu transportieren – sondern auch in der Zeit zurück. Künstlerisch gekonnt dargestellt durch rückwärts laufende Menschen. 

    Und so kommen wir an in einem wunderschönen Garten, wo ein Kind freudestrahlend gemeinsam mit Opa den ersten Tunnel seines Lebens fertigstellt. Direkt unter Omas Blumenbeet!  

    Wäre es zu kitschig, wenn an dieser Stelle direkt noch Oma aus dem Haus kommt und mahnend den Zeigefinger hebt, bevor sie ihren “Maulwürfen” einen Kuchen serviert? Möglicherweise. Aber wir sind hier immerhin beim Film. 

    Oder doch nicht? 

    Denn was klingt wie ein Drehbuch, stellt sich bei näherer Betrachtung als pure Realität heraus! 

    Unser heutiger Gastautor Florian Özkoral hat tatsächlich schon als kleiner Junge gemeinsam mit dem Opa gerne Löcher gegraben, zweimal wirklich unter dem Blumenbeet seiner Oma. Eine Faszination für Baustellen und groß Maschinen versteht sich fast von selbst. 

    Aber nicht jeder, der sich als Kind für Baustellen begeistert, schafft es, diese Leidenschaft zum Beruf zu machen – und dann auch noch so erfolgreich. 

    Tunnel graben für Fortgeschrittene 

    Inzwischen ist der studierte Bauingenieur nicht einfach nur im Spezialtiefbau tätig, er ist auf einer der anspruchsvollsten und größten Tunnelbaustellen Europas im Einsatz: der Baustelle U2xU5 in Wien, bei der eine neue U-Bahn-Linie entstehen sowie eine existierende Linie verlängert werden soll. Konkret hat er sich im letzten Jahr unter anderem intensiv mit der effizienteren Abwicklung von Kompensationsinjektionen beschäftigt – und darum geht es heute. 

    „Kompensationsinjektionen“ erklärt für (m)eine Oma: 

    Im Zuge von Tunnelvortrieben kann es zu Setzungen an der Oberfläche kommen. Sprich: Gebäude oberhalb des Tunnels sinken ab. Durch Kompensationsinjektionen kann man diese Häuser wieder nach oben heben und das Absinken ausgleichen. 

    Bei einem so großen Bauvorhaben wie der U2xU5 fallen Millionen Messdaten von Schlauchwaagen und zigtausende Injektions- und Bohrdaten an. Um diese Daten zu überblicken und einsehen zu können, ist der Schritt in die Digitalisierung und Automatisierung ein unausweichlicher und unbedingt notwendiger.  

    So messen beispielsweise Schlauchwaagen oberhalb der U2-Baustellen, ob es in der Umgebung zu Hebungen oder Setzungen kommt. Konkret werden nicht nur einzelne Messpunkte betrachtet, sondern vor allem auch deren Korrelation zueinander, mit Hilfe von Achsen. Wieso das? 

    Um diese Frage zu beantworten, hilft ein kulinarischer Vergleich: Um einen Tortenboden vom Backblech auf den Teller zu befördern, muss man ihn anheben. Im Optimalfall wird dabei der gesamte Boden gleichzeitig angehoben und befördert. Denn wenn nur ein Ende angehoben wird und der Höhenunterschied zwischen dem bereits angehobenem und dem noch liegenden Teil des Tortenbodens sich vergrößert, können sich Risse bilden und im schlimmsten Fall bricht das gesamte Backwerk auseinander.  

    Ähnlich verhält es sich im Baubetrieb. 

    Excelberge verringern, Fehler vermeiden 

    Aus diesem Grund werden die Daten der Schlauchwaagen genauestens aufgezeichnet und kontrolliert. Kommt es tatsächlich einmal zu relevanten Verschiebungen, wird von Seiten der Fachplanung ein Handlungsvorschlag erstellt und an die für die Ausführung verantwortliche Bauingenieur*in weitergeleitet, die letztendlich einen Injektionsvorgang auslöst, um die von den Schlauchwaagen verzeichnete Bewegung zu kompensieren. 

    TOP-Frauen im Tunnelbau

    Das Baugewerbe ist zu großen Teilen immer noch sehr männlich besetzt. Langsam kommt aber auch im Bereich Gender-Equality Bewegung in die Sache – etwa mit Katarina Džeko: Bauingenieurin, Tunnelbau-Expertin und langjähriges Mitglied von Florian Özkorals Team. 

    Aktueller Status quo bei vielen Projekten ist es, diese Arbeiten mittels Excel durchzuführen. „Wir haben stundenlang Zeit mit der Erstellung von Schichtaufträgen im Excel verbracht”, erzählt Florian Özkoral,  „und dies wollten wir so schnell wie möglich ändern, um den Vorgang effizienter und weniger fehleranfällig zu gestalten. Durch die Ausarbeitung im Excel sind immer wieder Fehler in den Schichtaufträgen passiert, da es einfach schwierig war, solche Datenmengen ohne Fehler abzuarbeiten.” Bei oft einigen hundert Manschetten und wenig Kontrollmöglichkeiten keine leichte Aufgabe, hier fehlerfrei zu arbeiten.   

    Das muss doch einfacher gehen 

    Das müsste doch einfacher gehen, war sich Florian Özkoral sicher, weshalb die Baustelle auf eguana setzte. Die Schlachwaagendaten in SCALES zu überwachen, im Bedarfsfall herunterzuladen, einen Injektionsvorschlag zu erstellen, wieder hochzuladen und an den jeweils ausführenden zu übermitteln, war aber immer noch zu umständlich. Florian Özkoral ließ sich nicht unterkriegen: „Es gibt so gut wie immer einen weiteren Weg, ein Problem zu lösen – man muss es nur in Angriff nehmen.“ 

    Teamwork makes the dream work 

    Was also tun? 

    Es klingt banal und ist doch universell: Darüber reden bringt meistens was. „Durch gemeinsame Termine mit allen Beteiligten, wo wir immer wieder ausgelotet haben, wo die Reise hingehen soll und ob wir uns auf dem richtigen Weg befinden.“ 

    Ganz so einfach war es natürlich nicht. Es gab unzählige Abstimmungsrunden und gerade zu Beginn war das Projekt geprägt von vielen Missverständnissen, Problemen in der Kommunikation, unterschiedlichen Auffassungen, wie Daten notiert werden, und ähnlichem. 

    Um trotz aller Hindernisse zum Ziel zu kommen, war das Wichtigste, alle Beteiligten “an einen Tisch zu bringen und sich offen auszutauschen, um eine gemeinsame Lösung zu finden bzw. zu erarbeiten”, so Florian. Eine der größten Schwierigkeiten in dieser Hinsicht waren für ihn die unterschiedlichen Sichtweisen von Entwicklern und Baustellenakteuren. “Aber offene Fehlerkultur ist gerade im Bauwesen eine sehr wichtige Sache, da oft nur darüber gesprochen wird, wie toll ein Projekt ist oder war, aber selten über die aufgetretenen Fehler im Zuge der Abwicklung und was man daraus für andere Projekte mitnehmen und lernen kann. Ich habe vor allem gelernt, zu Beginn schon zu versuchen, den gesamten Prozess zu analysieren und dann die richtigen Schritte einzuleiten. Würde ich das Projekt nochmal von vorne anfangen, würde ich versuchen, schon von Anfang an größer und globaler zu denken – damit man den Arbeitsprozess von A bis Z erfassen und digital abdecken kann.“ 

    Ähnlich beschreibt Florian Rathenböck den Prozess aus Sicht des Entwicklerteams: „Natürlich gab es bereits im Vorfeld nicht nur ein detailliertes Konzept, sondern auch intensiven Austausch. Aber wie so oft im Leben hat sich gezeigt, dass nicht alles, was in der Theorie schön geplant wurde, in der Realität auch genauso umsetzbar ist. So gab es zum Beispiel veränderte Abläufe im Baustellenalltag, die auch entsprechende Anpassungen der digitalen Umsetzung notwendig gemacht haben.“ 

    Die Bauleiter stehen vor der Mammutaufgabe, in einem ohnehin schon vollen Arbeitstag zusätzliche Zeit zu finden, um das neue System zu testen und Rückmeldung zu geben. Hinzukommen bei einem Projekt dieser Größenordnung verhältnismäßig lange Iterationsschleifen, was in Kombination mit den veränderten Abläufen zu Verzögerungen im Projekt geführt hat: Statt wie geplant im Juni war das neue System erst im September vollständig einsatzbereit. Aber das Ergebnis kann sich sehen lassen! 

    Für die erfolgreiche Umsetzung von solchen Projekten ist Teamwork ein absolutes muss, weiß auch eguana-Geschäftsführer Philipp Maroschek aus langjähriger Erfahrung. Baustelle und Entwickler müssen gemeinsam an einen Strang ziehen, eng zusammenarbeiten und miteinander kommunizieren.” Den Entwicklern fehlt oft der Bezug zur Baustelle und manchmal auch ein wenig das Verständnis dafür, wie komplex Abläufe auf der Baustelle oftmals sind. Im Gegenzug dazu fehlt es den Bauingenieuren oft an Verständnis für die IT und dass man bei einem System, das eine Größe und einen Umfang wie SCALES hat, nicht einfach mal schnell was ‘reinprogrammieren’ kann.” Unter der Leitung der beiden Florians haben mehr als zehn Personen aktiv an dem Projekt mitgearbeitet – da war ein kontinuierlicher, offener und ehrlicher Austausch unabdingbar. 

    “Wichtig ist auch, dass solche Entwicklungsprojekte vom Baustellenmanagement – in diesem Projekt konkret von der Projektleitung – auch entsprechend unterstützt und mitgetragen werden”, betont Maroschek. “Das ist nicht immer einfach und auch nicht selbstverständlich.” 

    Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist …  

    Es hat zwar deutlich länger gedauert als geplant, aber inzwischen haben wir einen runden Prozess geschaffen, der komplett innerhalb der Plattform läuft. Ex- und Importe konnten komplett gestrichen werden, sodass nun der gesamte Schichtauftrag sowie das zugehörige Ergebnis bzw. der Hebungserfolg direkt auf der Plattform erfolgen. 

    Der neue, optimierte Prozess sieht folgendermaßen aus: 

    Wenn es einen Alarm gibt, kann die Fachplanung die Veränderung direkt in SCALES prüfen. Neben einzelnen Messpunkten ist es hier auch wichtig, den Hebungs- / Setzungsverlauf entlang definierter Achsen und die ISO-Linien Darstellung zu betrachten. Erst aus diesem Zusammenspiel mehrerer Messpunkte kann von Seite der Planer definiert werden, welcher Bereich konkret durch eine Kompensationsinjektion gehoben werden soll.  

    Auf Basis dieses Handlungsplanes legt der Bauleiter vor Ort (ebenfalls direkt innerhalb der Plattform) durch einen Schichtauftrag fest, welche Manschetten konkret zu beaufschlagen sind. Zusätzlich erstellt er ein Widget, um in Echtzeit mitverfolgen zu können, wie sich die Kompensationsmaßnahmen bei den betroffenen Punkten (sprich, den Schlauchwaagen) auswirken. 

    Dieser Schichtauftrag sowie das zugehörige Dashboard zur Echtzeitüberwachung werden vom Bauleiter in SCALES für den Pumpenfahrer vor Ort freigegeben, der die ausgewählten Manschetten mit der definierten Menge beaufschlagt. 

    Neben der Echtzeit-Überwachung erfolgt die Beaufschlagung in kleinen Chargen. Nach jeder Charge wird der Erfolg der Maßnahme beurteilt und im Bedarfsfall ein weiterer Schichtauftrag erteilt – so lange, bis das vom Planer festgelegte Hebungsziel erreicht werden konnte. 

    Der optimierte Prozess bedeutet eine Arbeitserleichterung für alle Beteiligte – ein voller Erfolg in Sachen Teamwork, worauf wir wirklich stolz sind! „In Sachen Injektionstechnik (insbesondere bei Kompensationsinjektionen) ist das Projekt mit seinen 38.000 m² zu kompensierende Fläche eines der größten Projekte dieser Art in Europa und bei uns in der Firma – wir haben hier einen wichtigen Meilenstein in Sachen Digitalisierung und Ausführung geschafft“, so Florian Özkoral. 

    Unsere Learnings 

    „Könnte ich das Projekt nochmal von vorne beginnen, würde ich noch deutlich mehr Zeit in das Konzept investieren, vor allem aber noch enger mit der Baustelle zusammenarbeiten und versuchen, Randfälle oder mögliche Probleme vorab aufzeigen und unser bautechnisches Know-How nutzen, um den späteren Arbeitsablauf so detailliert wie möglich den Anwendern vorzuzeigen. Denn viele Schwierigkeiten oder falsche Annahmen merkt man erst in der tatsächlichen Anwendung”, zieht Florian Rathenböck Bilanz aus der Zusammenarbeit. 

    Thomas Edison soll einst gesagt haben: „Ich habe nicht versagt. Ich habe nur 10.000 Wege gefunden, wie es nicht funktioniert.“ Auch wir machen Fehler – aber so wie der Erfinder der Glühbirne lernen wir aus ihnen. Und am Ende finden wir den Weg, der zum Ziel führt! 

    So weit, so gut – aber sind wir bereits am Ziel angekommen? Natürlich nicht! 

    „Wir sind in Punkto Automatisierung schon weit gekommen“ so Florian R., der einen weiteren Automatisierungsgrad in diesem Bereich aktuell nicht in Erwägung zieht. “Wir haben bereits einen weiten Weg von ‘Das System erstellt Vorschläge anhand von Setzungen’ zu ‘Der Planer definiert, wo zu heben ist’ zurückgelegt. Weitere Verbesserungen sollten darauf abzielen, den Planern die Arbeit zu erleichtern.” 

    „Es gibt im Bauwesen noch immer einige offene Baustellen, was das Thema Digitalisierung betrifft – Potenzial noch vorhanden”, gibt Florian Özkoral zu bedenken. Gut, dass es Bauingenieure gibt, die aktiv daran arbeiten, Automatisierung und Digitalisierung voranzutreiben!  

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    Über Florian Özkoral: 

    Von Omas Blumenbeeten zur tiefsten U-Bahn Wiens, wie kam’s? “Nach der HTL für Tiefbau in Villach war ich ein wenig unschlüssig und wollte gleich arbeiten gehen, aber mein damaliger Chef (des Ingenieurbüros, wo ich damals fast jeden Sommer meine Praktika gemacht habe) hat mich dazu motiviert studieren zu gehen – so bin ich auf der TU-Wien gelandet.” Gut für die Branche! 

    Neben einer Liebe fürs Tunnelgraben hat der gebürtige Kärntner ein Faible für die Familie, gutes Essen, Laufen, Mountainbiken und Rennradfahren.  

  • Digging Deep 

    Digging Deep 

    Erkundung der außergewöhnlichsten unterirdischen Bauwerke der Welt

    Vom alten Rom bis Indien, von Malta bis Syrien – heute werfen wir einen Blick auf einige der beeindruckendsten unterirdischen Bauwerke der Welt. Kommen Sie, kommen Sie! 
     

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    Wie eine mehrschichtige Torte (schließlich brauchen wir für ein solches Unterfangen Proviant) werden diese technischen Wunderwerke mit Präzision gebaut, jede Schicht stellt eine neue Herausforderung und Leistung dar. Begleiten Sie uns, wenn wir die Geschichten, die technischen Meisterleistungen und die köstlichen Kuchenanalogien aufdecken, die diese unterirdischen Wunder zum Leben erwecken.  

    So wie jede gute Torte mit der Zusammenstellung der Zutaten beginnt, möchten wir unsere heutige Reise mit den Anfängen der unterirdischen Bauwerke vor einigen tausend Jahren beginnen. 

    Gavrinis  

    Der Eingang von Gavrinis, ältestes der unterirdischen Bauwerke (FOTO: Myrabella / Wikimedia Commons)
    Der Eingang von Gavrinis (Foto: Myrabella / Wikimedia Commons)

    Das älteste Bauwerk, das in diesem Zusammenhang genannt wird, ist wahrscheinlich Gavrinis in der Bretagne, irgendwann zwischen 3500 und 3000 v. Chr. errichtet worden.

    Von außen sieht das Bauwerk ein bisschen aus wie ein Maulwurfshügel, aber die Innenwände zieren eine Menge komplizierter Schnitzereien, wie Symbole, geometrische Muster und Meerestiere, die die künstlerischen und symbolischen Ausdrucksformen der Menschen der Jungsteinzeit zeigen.

    Fun fact:

    Die Bedeutung des Namen Gavrinis ist umstritten. Je nach Etymologie kann die Insel als “Ziegeninsel” oder “Zorninsel” übersetzt werden.

    Wirklich bemerkenswert ist die 17 Tonnen schwere Steinplatte, die das Dach des Bauwerks bildet (die Steine von Stonehenge, errichtet bis 1500 v. Chr., schwanken zwischen 4 und 25 Tonnen). Sie war einst Teil eines riesigen Menhirs, der in drei Teile zerbrach. Ein Teil wurde für die Table des Marchand verwendet, einer für das Megalithgrab von Er Grah und der dritte Teil für die Gavrinis. Der ursprüngliche Menhir befand sich im weit entfernten Locmariaquer und könnte über das Wasser transportiert worden sein.  

    Was ist eigentlich ein Menhir? 
    Ihr kennt die großen, grauen Dinger, die Obelix auf dem Rücken mit sich herumträgt? Hinkelsteine, ganz genau!  

    Das Hypogeum von Ħal-Saflieni

    Das Hypogäum von Ħal-Saflieni  (Foto: Wikimedia Commons)
    Das Hypogäum von Ħal-Saflieni (Foto: Wikimedia Commons)

    Etwas weiter südlich erreichen wir das Hypogäum von Ħal-Saflieni auf Malta (ca. 3300-3000 v. Chr.).   

    Wie die meisten antiken Gebäude war es einst eine heilige Stätte, die für verschiedene Rituale und Bestattungszeremonien genutzt wurde. Es wurde etwa zur gleichen Zeit wie das Grab von Gavrinis erbaut und besteht aus drei Ebenen, von denen die unterste eine Tiefe von etwa elf Metern erreicht. Können Sie sich vorstellen, so tief zu graben, ohne Bohrgerät und Bagger?

    Dholavira

    In Dholavira war die Wasserhaltung ein wichtiges Thema (Foto: Bhajish Bharathan/Wikimedia Commons)
    In Dholavira war die Wasserhaltung ein wichtiges Thema (Foto: Bhajish Bharathan/Wikimedia Commons)

    Das viele Reisen hat uns ziemlich durstig gemacht. Zeit für einen weiteren Zwischenstopp, diesmal bei der indischen Stadt Dholavira, die auf 2500-1500 v. Chr. zurückgeht. Sie besteht nicht nur aus einem, sondern aus vielen unterirdischen Bauwerken und war eine gut geplante städtische Siedlung mit einem ausgeklügelten Wassermanagementsystem – gerade im Tiefbau ist ja die Wasserhaltung ein altbekanntes Thema. In Dholavira wurden unterirdische Reservoirs angelegt, um Regenwasser zu sammeln und zu speichern, was auf eine hochentwickelte Ingenieurskunst schließen lässt. 

    Kappadokias unterirdische Städte  

    Noch etwas jünger sind die unterirdischen Städte von Kappadokien. Sie wurden wahrscheinlich zwischen dem 8. und 7. Jh. v. Chr. errichtet beziehungsweise in den umliegenden Fels gehauen und stellen eine einzigartige Mischung aus menschlicher Ingenieurskunst und natürlicher Anpassung an die vorherrschende Landschaft dar. Ursprünglich als Wohnräume genutzt, dienten sie später als Verstecke und Zufluchtsorte während der Christenverfolgung.  

    Schätzungen zufolge gibt es in der Region etwa 36 unterirdische Städte, die alle durch Gänge miteinander verbunden sind und bis zu 85 Meter in die Tiefe reichen, auf bis zu acht Ebenen.  

    Blick in eine große Kammer in der ”Kaymaklı Underground City” (Credit: MusikAnimal/Wikimedia Commons)
    Blick in eine große Kammer in der ”Kaymaklı Underground City” (Credit: MusikAnimal/Wikimedia Commons)

    Diese prächtigen Beispiele unterirdischer Bauwerke sind zwar sehr, sehr alt, aber Sie (und auch wir) haben wahrscheinlich noch nie von ihnen gehört. Gehen wir also an einen etwas bekannteren Ort und besuchen eines der berühmteren unterirdischen Bauwerke: 

    Die Katakomben von Rom

    Errichtet im 1. Jahrhundert sind diese Grabstätten ein riesiges unterirdisches Tunnellabyrinth (wir sprechen von einer Länge von 300 Kilometern – das Wiener U-Bahn-Netz ist lediglich 84 Kilometer lang, die Hälfte davon verläuft oberirdisch!) mit Gängen voller rechteckiger Nischen, die in die Wände geschnitten wurden, um die Knochen der Verstorbenen aufzubewahren. 

    Sie geht auf den heidnischen Brauch zurück, die Leichen der Toten einzuäschern, was für die christliche Bevölkerung nicht infrage kam. Da es ihnen aber aus Gründen der Hygiene nicht erlaubt war, ihre Toten in der Stadt zu begraben, bauten sie stattdessen außerhalb der Stadtmauern die Katakomben tief in der Erde.  

    Als die Christenverfolgung im Jahre 300 n.C. ein Ende nahm, begannen sie mit dem Bau von Kirchen und angrenzenden Friedhöfen zur Bestattung der Toten, und die Katakomben wurden weniger und weniger genutzt. 

    Gängen mit rechteckigen Nischen, die in die Wände geschnitten wurden, um Knochen aufzubewahren (Foto: José Luiz Bernardes Ribeiro/Wikimedia Commons)
    (Foto: José Luiz Bernardes Ribeiro/Wikimedia Commons)

    Die Katakomben von Paris  

    Zeit, dass wir uns zurück in die Zukunft begeben – zumindest ein Stück weit. (Es scheint nämlich so, als hätte das düstere Mittelalter nicht viel zu bieten, wenn es um Tiefbauarbeiten geht. Wir vermuten, dass die Menschen damals Angst davor hatten, zu nah an die Hölle zu geraten, wenn sie tiefer als ein paar Meter graben. Liegen wir falsch? Lass es uns wissen!) 

    Wer vergessen hat, in Kappadokien ein paar türkische Köstlichkeiten oder ein römisches Maritozzo zu essen, der kann unbesorgt sein! Denn wir kommen jetzt im 18. Jahrhundert in Paris an, gerade rechtzeitig für ein köstlich knuspriges Croissant oder vielleicht sogar einen Crêpe, bevor wir uns in die Pariser Katakomben wagen, auch bekannt als “Municipal Ossuary” (Städtisches Beinhaus). Wer mit dem Begriff nichts anfangen kann: Ein Beinhaus ist der Teil der Katakomben, in dem die Knochen und Schädel der Toten aufbewahrt wurden.  

    “Arrête! C’est ici L’empire de la Mort” – “Halt! Hier ist das Reich des Todes!” Die Worte über dem Eingang in die Katakomben sind mehr als nur ein bisschen makaber – aber deswegen nicht weniger wahr. Die unterirdischen Gänge waren ursprünglich Steinbrüche und erst ab dem 18. Jahrhundert zur Aufbewahrung von Gebeinen genutzt, um der Überfüllung und den unhygienischen Verhältnissen auf den Friedhöfen entgegenzuwirken. Heute befinden sich mehr als 6 Millionen Schädel, Schienbeine usw. in den Katakomben, die etwa 20 Meter unter dem Straßenniveau liegen. Das Stollennetz, das unter fast allen Pariser Bezirken durchführt, hat eine Länge von über 300 Kilometern, unerforschte Nebengänge werden auf weitere 100 Kilometer Länge geschätzt. 

    “Arrête! C’est ici L’empire de la Mort” - “Halt! Hier ist das Reich des Todes!” steht über dem Eingang in die Katakomben (Foto: Serge Melk/Wikimedia Commons)
    Makabere Eintrittsworte (Foto: Serge Melk/Wikimedia Commons)

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    Die von uns besuchten Bauwerke sind natürlich nur eine kleine Auswahl der erstaunlichen unterirdischen baulichen Meisterwerke, die es gibt. Die Liste ließe sich nahezu endlos fortsetzen, vom Shell Grotto of Margate, einer spektakulären Grotte in England, die mit mehr als 4,6 Millionen Muscheln ausgekleidet ist, die sich wie ein Mosaik über 600 Quadratmeter erstrecken, bis hin zu Qanat Firaun, einem römischen Aquädukt und kolossalen Werk der Wasserbaukunst, das 170 km lang ist und in Syrien liegt.  

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    Wir belassen es dabei – vorerst. Nächstes Mal werden wir uns auf die Tiefe statt auf die historische Bedeutung konzentrieren und eine Tour durch die tiefsten Gebäude und Tunnel der Welt machen!  

  • Legoana: bringt Ordnung ins Datenchaos 

    Legoana: bringt Ordnung ins Datenchaos 

    oder: Wie man Datenberge sinnvoll nutzt 

    Weihnachten naht, und wie jedes Jahr seit 1949 werden unter vielen Christbäumen hübsch verpackte LEGO(R)-Bausets liegen. So wie bei den meisten Spielzeugen (der Name lässt es vermuten) ist das Ziel nicht, einfach Berge von LEGO anzusammeln – sondern damit auch tatsächlich etwas zu bauen. Kaum ein Kind wird sich über die bunten Steine freuen, wenn es damit nicht auch spielen und etwas erschaffen darf. 

    Eigentlich geht es heute aber natürlich nicht um LEGO (auch wenn es über die dänische Spielzeugmarke einige interessante Fakten zu berichten gibt! So leitet sich der Name von den dänischen Worten “Leg Godt” ab, die so viel wie “Spiel gut!” bedeuten), sondern um Daten. Besser gesagt, Datenmanagement – denn wie beim Spielzeugklassiker ist auch das reine Sammeln von Daten zu nicht viel nutze.  

    Wie man verhindert, dass Datenberge Staub ansetzen, wie wir das bei eguana machen und was die mysteriösen Actionable Analytics damit zu tun haben, erläutern wir anhand von – na was wohl, LEGOs! 

     ***** 

    Im Zeitalter der Digitalisierung werden alle uns umgebenden Gerätschaften immer schlauer. Das gilt für unsere Handys und Küchenmaschinen genauso wie für Geräte auf einer Baustelle. Je smarter Bagger, Bohrgerät und Co. werden, desto mehr Daten fallen an. Hinzu kommen immer strengere Vorschriften, die eine lückenlose Dokumentation erfordern. 

    Immer mehr Daten also – aber ist das wirklich smart? 

    Nicht wirklich. 

    Warum Datenberge alleine nicht viel nützen  

    Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Haufen LEGO-Bausteine vor sich liegen. Große, kleine, sie liegen wild durcheinander vor Ihnen auf dem Tisch.  

    LEGO-Steine auf einem Haufen. Immer mehr Daten – ist das wirklich smart? (credit: eguana/Eder)
    Immer mehr Daten – ist das wirklich smart? (credit: eguana/Eder) 

    Wichtig

    Lassen Sie keine Steine vom Tisch fallen – Sie werden es spätestens dann bereuen, wenn Sie auf einen drauftreten. Das gilt für reale Steckbausteine ebenso wie für digitale Datensätze – denn auch wenn zweitere unter den metaphorischen Tisch fallen, hat das oft schmerzhafte Konsequenzen. 

    Credit: pixabay

    Jeder einzelne Baustein repräsentiert in unserem Szenario einen Rohdatensatz. Sie unterscheiden sich anhand ihrer Größe beziehungsweise Form (etwa der Messgröße wie Druck, Durchfluss, Menge etc.), sowie ihrer Farbe (etwa dem Gerätetyp; Bohrgerät, Injektionspumpe, Pegelsonde, Schlauchwaage, …).  

    Die Bausteine sind wie einzelne Datenpunkte: zwar vorhanden, in unserem Bausteinhaufen aber ohne Struktur und Kontext. Rohdaten alleine liefern eben keine aussagekräftigen Informationen – dafür müssen sie zuerst geordnet und strukturiert gespeichert und dann entsprechend analysiert und aufbereitet werden. 

    Wenn Informationen ungenützt in Silos liegen

    Häufig werden Daten aber lediglich gespeichert – und dann links liegengelassen. Oft auch noch in einer Form, in der sie nicht für die ganze Organisation zugänglich sind, sondern nur einzelnen Personen oder Teams. Diese nicht integrierten Speicherorte nennt man Datensilos; von der Umwelt abgeschottete Systeme, deren Inhalt nicht frei zugänglich ist. Wenn es um Wasserspeicher oder Getreidetürme geht, ist das beabsichtigt. Datensilos aber sind ganz und gar nicht wünschenswert – sollte man meinen.  

    Unglaublich, aber wahr: Datensilos werden teilweise von Herstellern unterschiedlicher Systeme ganz bewusst geschaffen, um Kunden an sie und ihre Geräte zu binden. Eine automatische Weiterverarbeitung ist dann nur noch sehr eingeschränkt möglich. Dies ist gängige Praxis, obwohl man meinen möchte, dass Daten demjenigen gehören, der sie generiert hat. 

    Auf einer Baustelle sind “Datensilos” Datenberge, mit denen Planer, andere Baustellen im Unternehmen etc. nicht interagieren können – wodurch automatisch wertvolle Informationen verloren gehen. 

    ACTIONABLE ANALYTICS 

    Nachdem wir mit “Digitalisierung” bereits das erste Wort unseres Bullshit-Bingos abgehakt haben, wollen wir an dieser Stelle den nächsten Begriff ins Rennen werfen: Actionable Analytics. 

    Analysen sind nämlich eine Sache – aber Actionable Analytics (zu deutsch etwa “Umsetzbare Analysen”) sind Analysen, aus denen sich tatsächlich Inputs für zukünftiges Handeln ableiten lassen. Analysen, die Sinn machen! 

    Credit: pixabay

    Vom einzelnen Baustein zum fertigen Gebilde

    Wir lernen: Nicht jede Analyse ist sinnvoll. Wir können unsere „Datenbausteine“ nach ihrer Größe anordnen – aber welches Gebilde im Endeffekt daraus entstehen soll, lässt sich auch mit dem geübtesten Auge nicht feststellen. Wir können die Steinchen in unterschiedliche Farben unterteilen – aber alles, was wir daraus ablesen können, ist die Menge der Steine pro Farbe. Das kann zugegebenermaßen durchaus eine relevante Information sein – aber wir wollen noch viel mehr aus unseren Daten herausholen.  

    Erst dadurch, dass wir die Steine sinnvoll ordnen, kombinieren und zusammensetzen erhalten sie eine Struktur. Aus dem Chaos entsteht etwas Bedeutungsvolles.  

    LEGO-Steine in Sackerln (Credit: eguana/Eder)
    Wie bringt man am besten Ordnung …
    LEGO-Steine auf einem Haufen (Credit: eguana/Eder)
    … ins Durcheinander?
    LEGO-Steine farblich sortiert (Credit: eguana/Eder)
    Indem man die Steine farblich sortiert?
    LEGO-Steine nach Form sortiert (Credit: eguana/Eder)
    Indem man sie nach ihrer Form und Größe ordnet?
    LEGO-Steine nach Farbe und Form sortiert (Credit: eguana/Eder)
    Oder indem man beide Herangehensweisen kombiniert?
    Endlich ein fertiger LEGOan (Credit: eguana/Eder)
    Erst durch sinnvolles Ordnen, Kombinieren und Zusammensetzen erhalten die Steine eine Struktur.

    Eine große Rolle spielt dabei natürlich die Platzierung und Kombination der Bausteine – beziehungsweise, wo auf der Baustelle die Daten generiert wurden. Es erfordert Planung, Strukturierung und Kreativität, um aus unserem anfänglichen Durcheinander ein LEGO-Gebilde entstehen zu lassen – genauso wie es Planung, Strukturierung und Kreativität erfordert, um den Überblick über eine Baustelle zu bekommen. 

    In der heutigen datengetriebenen Welt ist die Fähigkeit, aus Daten sinnvolle Informationen zu extrahieren, von entscheidender Bedeutung. Der Vergleich mit LEGO-Bausteinen verdeutlicht, dass der Wert von Daten nicht allein in ihrer Quantität liegt, sondern in ihrer Fähigkeit, in einen sinnvollen Kontext eingeordnet zu werden. So wie ein LEGO-Leguan ohne sorgfältige Planung und Strukturierung nicht entstehen kann, sind Daten ohne sinnvolle Aufbereitung und Analyse lediglich ein unstrukturierter Datenhaufen, der sein volles Potenzial nicht ausschöpfen kann. 

    Visualisierung einer digitalisierten Baustelle (Credit: eguana)

    eguana SCALES: Wir bringen Ordnung ins Datenchaos 

    Wir befinden uns im Jahre 2023 n.Chr. Der ganze Spezialtiefbau versinkt im Datensumpf. Der ganze Spezialtiefbau? Nein! Ein von innovativen Bauingenieuren geführtes Unternehmen hört nicht auf, dem Datenchaos Widerstand zu leisten. Und das Leben ist nicht leicht für die handgeschriebenen Tabellen und Excel-Sheets, die auf den Baustellen eingesetzt werden… 

    Unser Druide heißt nicht Mirakulix, sondern eguanix, und unser Zaubertrank ist eguana SCALES – eine Datenmanagement-plattform, die auch das stärkste Datensilo zum Einsturz bringt! Hier werden alle Daten einer Baustelle gesammelt und visualisiert. Kein digitaler Zwilling eines Gebäudes – sondern eine vollständige Baustelle, zu jeder Zeit von überall auf einen Blick ersichtlich. 

    Zusätzliche Unterstützung kommt in Form kleiner technischer Gimmicks daher: Merlin, unser intelligenter Datenlogger und Füllstandüberwacher. TREX, eine App, die es erlaubt, manuelle Tätigkeiten detailliert zu tracken. Und viele mehr. All das läuft auf SCALES zusammen. 

    Daten –> Informationen –> Wissen 

    Natürlich sind Daten nicht unbedingt gleichbedeutend mit Wissen. Aber gerade die Begriffe „Daten“ und „Informationen“ werden sehr oft bedeutungsgleich verwendet – obwohl es eigentlich einen großen Unterschied gibt. 

    Ausschnitt aus einem alten, lateinischen Buch (Credit: pixabay)

    FÜR DIE LINGUISTEN 

    Zur Freude der Linguisten unter uns lässt sich dieser Unterschied sogar im Wortstamm erklären.  

    Das lateinische Wort „Datum“, bedeutet „das Gegebene“ (ähnlich dazu im Italienischen „dare“ und im Spanischen „dar“) – also eine Sache, die einfach ist, quasi eine Tatsache. 

    “Information” hingegen leitet sich vom lateinischen „informare“ ab: „etwas bilden“ oder „eine Auskunft geben“. 

    Der wichtige Unterschied zwischen Daten und Informationen ist, dass Daten -für sich alleine gesehen- meistens nicht ausreichen.  

    “120” zum Beispiel fällt in die Kategorie „Daten“. Aussagewert: Null. 

    “120 kg Körpergewicht” hingegen, damit lässt sich etwas anfangen!  

    Und somit haben wir anstelle von bloßen Daten („120“) eine Verknüpfung mit weiteren Daten: nämlich einer Maßeinheit und der Zuordnung „Körpergewicht“.  

    Wir haben somit zwar schon einiges mehr an Information, aber was uns fehlt, ist der Kontext: Wessen Körpergewicht? Ein Mann? Ein Elefant? Ein Blauwal? 

    Und so kommen wir zur dritten Stufe: Wissen. 

    Wissen ist eine Sammlung von Informationen, die in ihrer Gesamtheit hilft, Situationen zu beurteilen und fundierte Entscheidungen zu treffen. 

    Beispiel gefällig?  

    Für unser Wetter-Widget auf eguana SCALES, mit dem die aktuelle Wetterlage auf der jeweiligen Baustelle auf einen Blick ersichtlich ist, nutzen wir Daten von openweathermap, etwa so: 

    { „temp“: 11, „tmax“: 13, „tmin“: 10, „pressure“: 1013, „humidity“: 82, „description“: „Leichter Regenschauer“, „locationName“: „Innere Stadt“, „country“: „AT“, „icon“: „weather_heavy_rain.png“ } 

    Hier sind Daten schon zu Informationen verknüpft, so dass wir aus “temp” und “11” ablesen können, dass aktuell Pulloverwetter herrscht. Wirklich übersichtlich ist es aber noch nicht, weshalb wir die Informationen nutzen, um daraus ein optisch ansprechendes Wetter-Widget zu machen: 

    beispielhafte Darstellung unseres Wetterwidgets (credit: openweathermap)
    Credit: eguana, openweathermap

    Wissen ist Macht 

    Wissen ist Macht? Definitiv – aber um von dem, was Baugeräte an Daten übermitteln, an diesen Punkt zu kommen, braucht es eine Menge Arbeit.  

    Und genau das ist es, was ein gutes Datenmonitoring für seine Nutzer tut. Rohdaten werden vom System direkt sinnvoll sortiert und miteinander in Zusammenhang gesetzt, Wissen wird so oft bereits innerhalb des Systems geschaffen. Anstatt manuell Daten zu sortieren und miteinander zu verknüpfen, kann Technik mühsame, repetitive Arbeitsschritte sinnvoll übernehmen und den Menschen freimachen für anspruchsvollere Aufgaben und Tätigkeiten, die kreatives Denken und Originalität benötigen.  

    Ende gut – alles gut? 

    Von Ende kann an dieser Stelle noch lange keine Rede sein! Denn mit Daten lässt sich noch viel mehr anfangen. Aus all den gesammelten Daten und Informationen können mithilfe von passenden Algorithmen beispielsweise wichtige Informationen abgeleitet werden, die die Beteiligten aktiv dabei unterstützen, optimiert in Hinblick auf Qualität, aber auch Ressourcennutzung zu arbeiten. Wenn das keine Actionable Analytics sind! 

    Daten sammeln ist nicht schwer,  
    Daten managen schon mehr! 

  • EINE FRAGE DES NIVEAUS 

    EINE FRAGE DES NIVEAUS 

    Zu Besuch im Wasserbaulabor der BOKU

    Wasserhaltung ist im Spezialtiefbau ein leidliches Thema – aber ein interessantes! Aus einer Mischung aus beruflichem und persönlichem Interesse haben wir uns im nigelnagelneuen Wasserbaulabor der BOKU ein wenig umgesehen. 

    ***** 

    Von außen ist es ein beschauliches Bild, das sich dem Besucher am Brigittenauer Sporn Nummer 3 bietet: In aller Seelenruhe fließt die Donau am Kai entlang, die Herbstsonne wird zwischen der Wasseroberfläche und der gläsernen Außenfassade des benachbarten Gebäudes hin und her geworfen. Die Ruhe trügt. Denn auch im Inneren des Wasserbaulabors der Universität für Bodenkultur (BOKU) rauscht ein Fluss. 

    Fünftausend Liter Wasser strömen pro Sekunde durch eine breite Rinne, ein lautes Brausen füllt die achtzig Meter lange Halle. Da geht noch mehr, erklärt Kevin Reiterer, Senior Scientist am Institut für Wasserbau, Hydraulik und Fließgewässerforschung. Zehntausend Liter Durchfluss pro Sekunde sind möglich, das entspricht in etwa der Füllmenge von 55 Badewannen. Vom Besucherbalkon hat man einen guten Blick auf die betonierte Rinne, die aktuell zehn Meter breit ist, aber auf 25 Meter verbreitert werden kann. An ihrem Ende macht sie einen Knick, führt zurück in Richtung der Besucher, verschwindet tosend unter ihren Füßen.  

    “Wir machen uns den Höhenunterschied zwischen Donau und Donaukanal zunutze”, so Reiterer. “Durch den natürlichen Höhenunterschied wird das Wasser durchs Untergeschoss geschleust und anschließend in den tiefer gelegenen Donaukanal abgelassen.” Ganz ohne den Einsatz von Pumpen. Der Niveauunterschied beträgt circa drei Meter. Während in hydraulischen Laboren meist Trinkwasser verwendet wird, kommt hier also Donauwasser inklusive natürlicher Trübe und Schwebstoffen zum Einsatz. Da es nicht im Kreis gepumpt werden muss, erwärmt es sich nicht, die Temperatur bleibt gleich. Weitere Besonderheit: “Normalerweise wird bei Versuchen runterskaliert und kleiner gemacht” erklärt Reiterer. Dadurch gehen Informationen verloren. “Die alte Halle war nur dreißig Meter lang. Hier ist es möglich, Versuche im 1:1 Maßstab nachzubilden.”

    Wir gehen die Rinne entlang (credit: eguana/Riedler)

    Zwischen Rinne und Wand

    Ist die Rinne in Betrieb, darf die Türe unter keinen Umständen geöffnet werden (credit: eguana/Riedler)

    Ist die Rinne in Betrieb, darf die Türe unter keinen Umständen geöffnet werden

    Schmale Fenster ermöglichen den Blick ins Innere (credit: eguana/Riedler)

    Schmale Fenster erlauben den Blick ins geflutete Innere

    Den Stein ins Rollen bringen 

    Forschungen zu Wasserkraft und Hochwasserschutz, Sedimenttransport, Renaturierung von Flüssen und Co. wird hier betrieben, in Zukunft auch Turbinentests und Abrasionsversuche. Ein großes Thema ist auch die Frage, was passiert, wenn man einem begradigten Flusslauf wieder mehr Platz lässt. Alles rund ums Fließgewässer also. Reiterer ist besonders in der Sedimentforschung beheimatet. Darum geht es auch in dem Versuch, der aktuell in der großen Rinne durchgeführt wird. Ihr Boden ist mit Sediment bedeckt – in der Zusammensetzung, wie es in Flüssen eben vorkommt.  

    Unter den Steinen befinden sich aber auch solche, die eigentlich gar keine sind. In aus Epoxidharz gegossene Fake-Stein-Hälften sind kleine Sensoren eingelassen. Über ein Smartphone lässt sich das Verhalten dieser sogenannten Smart Sediment Tracer exakt nachverfolgen, während sie zwischen den Kiesel im Wasser liegen und von der Strömung bewegt werden.  

    Hintergrund der Forschung ist die Shields Formel, anhand derer sich das Verhalten und die Bewegung von Sediment in einem fließenden Gewässer berechnen lassen sollen. “Ab wann bewegt sich ein Einzelkorn?”, fasst Reiterer die Kernfragestellung zusammen. “Es ist eine alte Theorie, bei der viel vernachlässigt wird”, beispielsweise die Form von Sediment. “Wir sehen sie uns neu an.”  

    Warum liegt hier Bier rum? 

    Die Gänge im ganzen Gebäude sind eng und mit Bullaugenfenster in die dahinterliegenden Räume versehen. Das verleiht dem Gebäude einen Schiffscharakter.

    Außerdem sind die Gänge und Böden strahlend weiß. Man merkt, dass die Eröffnung des Gebäudes erst wenige Monate zurückliegt. Nach dreijähriger Bauzeit wurde das Wasserbaulabor am 12. Juni 2023 offiziell eröffnet. Die Gesamtkosten für das Projekt betrugen rund 49 Millionen Euro, der Großteil finanziert vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. 

    Architekturstudent und Designliebhaber Pablo bewundert die Deckenbalken im Obergeschoss des Wasserbaulabors. (credit: eguana/Riedler)

    Architekturstudent und Designliebhaber Pablo bewundert die Deckenbalken im Obergeschoss des Wasserbaulabors. (credit: eguana/Riedler)

    Im dritten Untergeschoss befindet man sich direkt unter der tiefen Rinne in der Pumpenstube. Schwarze und silberne Rohre winden sich die Decke und die Wände entlang, drei große blaue Pumpen speisen den Klarwasserkreislauf des River Lab im 2. Obergeschoss. In einer Ecke stapeln sich außerdem einige Bierkisten. Wieso liegt hier so viel Bier rum? “Das werden wir oft gefragt”, lacht er. Es ist kühl hier unten – optimale Voraussetzung für die Lagerung. Gebraucht wird es aber für Veranstaltungen, nicht für die Mittagspause. Die Öffentlichkeit miteinzubeziehen spielt in dem Labor eine große Rolle. 

    Es geht ins Untergeschoss des Wasserbaulabors (credit: eguana/Riedler)

    Es geht ins Untergeschoss.

    Kühl hier unten (credit: eguana/Riedler)

    Kühl hier unten …

    Schwarze und silberne Rohre winden sich die Decke und die Wände entlang (credit:eguana/Riedler)

    Schwarze und silberne Rohre winden sich die Decke und die Wände entlang.

    Neben der Forschung wird hier auch Lehre betrieben: ein Hörsaal und ein Seminarraum bieten Platz für rund 200 Studierende, außerdem gibt es ein Public Lab, das unter anderem für Schulklassen genutzt werden soll. Noch ist dieser Bereich zu einem großen Teil leer, mit der Ausnahme von ein paar kleinen Modellen. In Zukunft wird die Öffentlichkeit aber auch hier in großem Maßstab experimentieren können.  

    Kleine Fische und große Versuche  

    Im gleichen Stockwerk befindet sich auch das River Lab, wo skalierte Versuche mit Klarwasser stattfinden. Hier steht die größte Rinne des Vorgängerlabors – im Vergleich zum Main Channel, der sich drei Stockwerke tiefer befindet, sieht sie mit ihren rund zwölf Metern fast schon zierlich aus. Auch das Bundesamt für Wasserwirtschaft (baw) hat hier eine Fläche mit einer Versuchsrinne. 

    Im Biologie Lab wiederum finden Versuche mit Fischen statt, aktuell Bachforellen. Die Forscher untersuchen, ab welchem Schwebstoffgehalt die Fische im Wasser die Orientierung verlieren und abgetrieben werden.  

    Die größte Rinne des Vorgängerlabors (credit: eguana/Riedler)

    Im River Lab …

    … befindet sich die größte Rinne des Vorgängerlabors

    Auch das baw führt hier Versuche durch (credit: eguana/Riedler)

    Auch das baw führt hier Versuche durch

    Im Public Lab kann die Öffentlichkeit nach Lust und Laune experimentieren (credit: eguana/Riedler)

    Im Public Lab …

    … kann die Öffentlichkeit nach Lust und Laune experimentieren

    Im Chemistry Lab finden Versuche mit Fischen statt (credit: eguana/Riedler)

    Im Biologie Lab …

    … finden Versuche mit Fischen statt

    Wir werfen einen letzten Blick vom Besucherbalkon in die große Halle, sehen zu, wie das grünbraune Wasser durch die Rinne strömt. Wie sieht es aus mit einer stehenden Welle, fragt Pablo, natürlich aus rein beruflichem Interesse. Wenn es so weit ist, kommt er mit dem Surfbrett in die Arbeit, freut sich Kevin.  

    Bei schönem Ausblick forscht es sich gleich viel leichter! (credit: eguana/Riedler)
    Bei schönem Ausblick forscht es sich gleich viel leichter! (credit: eguana/Riedler)
  • Migration, Motivation und miefender Code

    Migration, Motivation und miefender Code

    Passend für den Herbst, wo die Blätter die Farbe wechseln und die Vögel ihre langwierige Reise in den Süden antreten, migrieren also auch wir. Auch langsam. Auch sicher. Aber nicht analog (das haben wir zum Glück bereits 2018 hinter uns gebracht), sondern rein digital.  

    ***** 

    Was ist eigentlich Migration? Während es für die meisten es die Ab- und Zuwanderung von Menschen bedeuten dürfte und für einige wenige Exemplare auch die altersbedingte Wanderung der Kopfhaare in Richtung Ohren und Nase, bedeutet es für uns seit einigen Monaten die Übersiedelung von eguana SCALES, genauer gesagt von der alten Version unseres Softwarestacks hin zur aktuellen.   

    Im Gegensatz zu den Zugvögeln, die zwischen Ihren Wohnsitzen pendeln, verhält es sich bei SCALES mehr wie mit einem Einsiedlerkrebs, der seiner Muschel entwachsen ist und in ein größeres, passenderes Quartier zieht.  

    „Alter Code fängt irgendwann zu stinken an“ 

    Ein Mann hält sich die Nase zu (Credit: Mohamed Hassan auf Pixabay)

    Um unser Datenmanagementsystem SCALES am Laufen zu halten, kommen verschiedene Softwarebibliotheken zum Einsatz, die von Zeit zu Zeit im Rahmen von neuen Versionen Änderungen und Verbesserungen integrieren und Fehler beheben.  Hinzukommt, “dass nur die aktuellsten Versionen aktiv weiterentwickelt werden”, so Joachim: „Wenn man eine LTS (long term support) Version verwendet, ist irgendwann der Zeitpunkt gekommen, wo sie eingestellt wird. Dann verwendet man altes Zeug, das nicht mehr weiterentwickelt wird. Das heißt also: Immer weiter, nie stehenbleiben, auch wenn es zach und ressourcenintensiv ist.” Denn, um aus Weniger schlecht programmieren zu zitieren, “alter Code fängt irgendwann von selbst zu stinken an.” Keine Sorge, so lange wird bei uns natürlich nie gewartet. Deshalb auch die Migration, um immer am aktuellen Stand der Technik zu bleiben.  

    So auch Ember, ein Javascript-Framework, das mittlerweile bei Version 5 angelangt ist und auch von LinkedIn und Netflix verwendet wird. “Es kommt was Neues dazu, Altes wird aus- und verbessert, dadurch kann sich sehr viel ändern von einer Version auf die Nächste. So auch bei Ember JS. Mit einer neuen Version wurden z.B. neue Glimmer Klassen eingeführt und die Syntax wurde umgestellt”, um mit unserem Entwickler Franz zu sprechen. Damit SCALES auch in Zukunft reibungslos läuft, aktualisieren wir nun unseren Code und bauen alle Änderungen ein.  Man könne es sich so vorstellen: “Wir versuchen, deinen alten Fiat Multipla aufzumotzen. Neue Felgen, Zündkerzen, neuer Kolbenringsatz, vielleicht ein Turbo noch dazu und einmal das Öl wechseln. Damit es danach wieder schnurrt, wie ein Kätzchen, und sich nicht anhört, als würde er gleich absterben.” Charmant. 

    Man könne sich die Übersiedlung vorstellen wie einen Hausbau, so Joachim, der das Projekt Migration von Anfang an begleitet hat. Das ursprüngliche Haus aus Holz soll durch ein gleichgroßes Haus aus Ziegel und Beton ersetzt werden – die neue Version eben, da Holz als Baustoff verwittert und nicht mehr unterstützt wird. Baustoff und Bauweise sind eine andere, “aber im Endeffekt habe ich dann wieder ‘nur’ das gleiche wie vorher: Terrasse, Balkon, schöne Zimmer und ein Dach über dem Kopf”, erklärt er.   

    Update im Hintergrund  

    Von den Umbauten und Updates bekommen die User nichts mit, denn die Übersiedelung, die sich mittlerweile in den letzten Zügen befindet, läuft im Hintergrund ab. “Es wird kleinere Designänderungen und einen großen Geschwindigskeitsfortschritt geben”, freut sich Head of Development Flo. “Wie groß der Geschwindgkeitsgewinn sein wird, werden wir aber erst dann sehen, wenn der letzte Teil migriert und alle externen Pakete aktualisiert sind. Wir sind aber zuversichtlich, dass der Performanceboost mindestens so groß wie beim ersten Teil der Updates (letztes Jahr) wird.”   

    Ein teilweise neues Interface und neue Features sollen die Bedienung von SCALES benutzerfreundlicher machen, ohne aufzufallen. Ziel ist ein “schnelleres und schöneres SCALES, in dem wir auf Wünsche der Kunden noch besser reagieren können”, so Pascal.   

    Ende in Sicht  

    Wann es so weit sein wird?   

    Die Übersiedelung läuft bereits – und ist sehr viel langwieriger als ursprünglich gehofft. “Zu Beginn unserer Migrationsbemühungen dachten Joachim und ich, dass wir den ersten Teil automatisiert mittels Updatetools innerhalb von zwei Wochen erledigt haben. Nach 19 Monaten hat sich herausgestellt, dass dem nicht so ist”, gibt Flo zu. Mittlerweile arbeiten fünf Mitarbeiter zumindest teilweise an der Migration.  

    v.l.: Franz, Joachim, Pascal und Flo, vier unserer Entwickler (Credit: eguana/Riedler)
    v.l.: Franz, Joachim, Pascal und Flo, vier unserer Entwickler (Credit: eguana/Riedler)

    “Ich würde es wieder so machen”, meint Joachim, “das ganze Projekt komplett durchpflügen, jeden Teil anschauen, Fehler finden, verstehen, was passiert, neu machen, besser machen. Sich durch den ganzen alten Code durchwühlen und alles im frischen Glanz erstrahlen lassen. Ich habe die Möglichkeit, mir jeden Teil anzusehen und zu verstehen, und ich kenne dann das ganze System.”   

    Langsam, aber sicher ist ein Ende in Sicht. “Wir hoffen, noch vor Ende des Jahres fertig zu werden. Derweilen liegen wir gut im Kurs”, so Pascal. Es liegen aber dennoch noch einige Wochen Arbeit vor unseren Entwicklern.   

    Dass es währenddessen immer wieder mal den einen oder anderen Faux-Pas gegeben hat, wollen wir euch natürlich nicht verschweigen (offene Fehlerkultur und so). So hat etwa Franz seinen eigenen User-Account gesperrt, und Pascal “aus Versehen Core-Component-Changes eingebaut, die die Überarbeitungen von unserem Head Developer Flo überschrieben haben, wodurch manche unserer Eingabe-Felder nicht mehr funktioniert haben.” Upps – aber solange nichts Schlimmeres passiert!  

    Und natürlich gab es auch Höhepunkt, etwa, “als es ‚Klick‘ gemacht hat und ich die Matrix, aus der Scales besteht, endlich lesen konnte” (Pascal) oder “dass ich nicht jede Woche weinend eingeschlafen bin 😊“ (Franz). Zumindest sein Humor hat ihn noch nicht verlassen.  

    *****

    Mit der Übersiedelung ist übrigens auch eine neue Optik einhergegangen! Wer mehr darüber wissen will, liest am besten unseren Quartalsblog:

  • Highlights im Herbst – Neue Looks und Blätterkleider

    Highlights im Herbst – Neue Looks und Blätterkleider

    Wer hätte das gedacht, schon wieder ein Sommer vorbei und statt Sonnen am Strand stehen diesen Herbst mal wieder warme Socken am Plan.

    Macht nichts, wir wärmen uns stattdessen an unseren wunderschönen Projekten:

    *****

    Zum Beispiel I-WASP, ein Forschungsprojekt gemeinsam mit der STUVA e.V. (Köln), dem Lehrstuhl für Subsurface Engineering der Montanuniversität Leoben, der BeMo Tunnelling GmbH Innsbruck, sowie der Bechler Kommunikationstechnik GmbH mit Sitz in Deutschland, wo wir uns mit der vollständig automatisierten Akquise, zentralen Speicherung und Auswertung von Daten aus dem konventionellen Tunnelbau befassen.

    The saga continues, sozusagen, denn erneut arbeiten wir gemeinsam mit STUVA und Montanuni Leoben daran, den Spezialtiefbau noch ein Stückchen weiter zu digitalisieren.

    Ein veranstaltungsreiches Jahr geht seinem herbstlichen Höhepunkt zu. Nach einem Webac Workshop im Schweizer Versuchsstollen Hagerbach, wo Geschäftsführer Philipp einen Vortrag zum Thema „Data to information – why data alone won’t save the day“ hielt, zog es uns nach Stockholm zum Nordig Grouting Symposium. 2019 waren wir (damals in Helsinki) mit einem Vortrag zur Erkennung von Jacking in Injektionsprozessen vertreten, heuer freuten wir uns über den Vortrag „Data-driven control of compensation grouting measures“ der Züblin Spezialtiefbau GesmbH, die wir beim Bau der U2/U5 unterstützen dürfen.

    Der Oktober findet uns in Salzburg beim Geomechanik-Kolloquium sowie Anfang Oktober bei der STUVA-Tagung in München. Tolle Foren, interessante Vorträge, Expertentreffs und Austausch – ein Programm, so farbenfroh wie der Herbst! Wir freuen uns auf spannende Treffen mit alten Bekannten und neuen Freunden!

    Philipps Vortrag zum Thema „Data to information – why Data alone wont save the day“

    Neuartige Stauchelemente im Versuchsstollen Hagerbach

    Philipp Eder am Steuer

    *****

    So, wie im Herbst die Bäume die Farbe ihres Blätterkleids wechseln (und gegen Ende dann einen auf Nudismus machen), haben auch wir uns eine neue Optik zugelegt (keine Sorge, wir bleiben dafür angemessen bekleidet). eguana SCALES; unsere Datenmanagementplattform, erstrahlt diesen Herbst in einem neuen Look!

    Wir haben zwei unserer Kollegen, die an dem Projekt beteiligt waren, um eine Beschreibung gebeten. Die Rückmeldungen unserer beiden Modeschöpfer könnten nicht unterschiedlicher sein:

    Was Pablo sagt:

    Das SCALES Menü 2.0 präsentiert sich stolz als kühnes künstlerisches Meisterwerk, das die Grenzen des Gewöhnlichen sprengt und die Nutzer auf eine faszinierende multisensorische Reise der Navigation entführt. In diesem mutigen Experiment mit klaren und strikten technoiden Ausdrucksformen entfesseln wir unsere kreative Energie und fordern die Konventionen heraus. Die Navigationsleiste ist eine Ode an die Schönheit des Unkonventionellen.

    Entgegen dem Trend, der von Rundungen und Abständen geprägt ist, vermittelt das neue Menü Klarheit, indem strikt getrennte Formen nebeneinander existieren können, ohne miteinander zu verschwimmen. Klare Call-to-Action-Buttons sorgen dafür, dass alle Fragen zur Bedienung geklärt sind, ohne den Benutzer zu überfordern. Einheitlichkeit ist der Schlüssel dieses künstlerischen Ausdrucks.

    Mit einer kühnen Farbpalette und anorganischen Formen schaffen wir eine nahtlose Verbindung zwischen den verschiedenen Ebenen. Subtile Grautöne werden eingesetzt, um die emotionalen Färbungen Grün, Blau und Orange zu unterstreichen, die ein Gefühl der Daten Verfügbarkeit vermitteln. Das neue Menü ist kein statisches Werk, sondern ein lebendiges Kunstwerk, bei dem die Grenzen zwischen Künstler und Betrachter verschwimmen. Die Nutzer werden zu Mitgestaltern und tauchen in eine Welt ein, in der die Kunst zu einer lebendigen und greifbaren Erfahrung wird.

    Unsere Vision kombiniert technische Virtuosität mit kreativer Innovation, um eine straffe Hierarchie zu schaffen, die das traditionelle Menüformat neu erfindet. Die einzelnen Elemente sind klar getrennt wie die Facetten eines funkelnden Diamanten. Jedes Element leuchtet mit einzigartiger Brillanz und ergänzt sich harmonisch, um ein Gesamtkunstwerk von unvergleichlicher Eleganz zu schaffen.

    Was Franz sagt:

    Es hat mich drei Monate meines Lebens gekostet. Ich will es nie wieder machen. Enjoy the experience.

    eguana SCALES erstrahlt im Herbst in einer neuen Optik
    Eine „Ode an die Schönheit des Unkonventionellen“

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    Ein eguana im fancy Blätterkleid im Herbst (Credit: Dall-E)
    Ein eguana im fancy Blätterkleid (Credit: Dall-E)

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    Bei Interesse, Fragen oder Anregungen wendet ihr euch am besten an office@eguana.at.

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    Auch wir haben Fragen – und zwar an Laura, die im Sommerurlaub Griechenland, Spanien und Dänemark erkundet hat! Bevor es für die Weltenbummlerin und Zahlenakrobatin auch schon wieder ab nach Portugal für einen Roadtrip geht, haben wir sie zum Gespräch gebeten:

    Liebe Laura, wie und wann bist du auf die Idee gekommen, für uns zu arbeiten? Wie kam’s dazu und was hat dich geritten, so lange bei uns kleben zu bleiben? 

    Also angefangen habe ich ja im Mai 2021. Angetrieben hat mich damals Corona – durch das Distanzstudium brauchte ich endlich wieder mal eine Routine und soziale Kontakte. Als ich dann das Bewerbungsausschreiben für eguana sah, dachte ich mir: “Boah, das klingt nach einem lustigen Team”. So war es auch und da bleibt man dann auch gerne.  

    Deine Tätigkeiten bei eguana in zehn Worten

    Buchhaltung, Rechnungs-Detektivin, Zahlungsverkehr, Rechnungsschreibung, Kassa, Steuerermittlung, Ordner-Hüterin, Recherche, Blogübersetzung, Kuchenessen.  

    Zehn, stark – das schaffen nicht viele! Da merkt man, dass du mit Zahlen arbeitest! Kurz und knapp, wie würdest du deine Zeit hier bisher beschreiben? 

    Lustig und lehrreich. Ich habe hier wahrscheinlich mehr über Finanzbuchhaltung gelernt als in meinem Bachelorstudium. 

    Schön zu hören 😉 Und was macht am meisten Spaß? 

    Einfach das selbstständige Arbeiten mit einem großartigen Team, aber natürlich auch unsere abwechslungsreichen Teamevents 😊. 

    Wenn du dich selbst mit einem Zitat beschreiben müsstest, welches wäre es? 

    Uroma: “Du bist a so a Leischn*” (daraufhin bezogen, dass ich oft unterwegs bin und viel reise). 

    Unsere "Leischn" Laura (Credit: privat)
    Unsere „Leischn“ Laura (Credit: privat)

    Äußerst passend, deine Uroma kennt dich gut! Dein wichtigstes Equipment – welches Teil brauchst du unbedingt für deine Arbeit? 

    Bmd & Kaffee [Anm.: BMD ist eine Rechnungswesen-Software]

    Hast du noch eine lustige Anekdote aus deiner Zeit bei uns?  

    Dass ich nach einem halben Jahr immer noch nicht wusste, wie man unseren „Philipp“ richtig schreibt… 

    Sehr verständlich – der Name ist so vielfältig wie unser Geschäftsführer. Was feierst du heute, am 21. September? 

    Den Weltfriedenstag! Abgesehen davon, dass es eine großartige Ausrede ist, sich in Taubenkostüme zu werfen und ‚Kumbaya‘ auf Endlosschleife zu singen, wäre eine Welt ohne Kriege ein Dauerurlaub für unseren gestressten Planeten. Der Weltfriedenstag erinnert uns daran, dass Frieden eine Notwendigkeit für das Wohl unserer Erde ist. 

    Schön gesagt! Danke für deine Zeit und deine Antworten – und viel Spaß in Portugal! Allen anderen wünschen wir einen farbenfrohen Herbst!

    *****

    *Leischn: Streuner, Rumtreiber

  • Dem Untergrund auf den Grund gehen

    Dem Untergrund auf den Grund gehen

    Automatisierte Bestimmung von Bodenparametern  

    Was haben ein Professor für Numerische Geotechnik und ein Software-Entwickler gemeinsam? 

    Nein, wir wollen hier nicht auf ihre Liebe für Zahlen und Formeln oder ihr ausgeprägtes logisches Denkvermögen hinaus. Uns geht es um das sogenannte „Blackbox-Problem“, das beiden die Arbeit erschwert. 

    Was es damit auf sich hat, wie man Bodenparameter mithilfe einer Künstlichen Intelligenz leichter abliest und worum es bei dem Forschungsprojekt von Franz Tschuchnigg von der Technischen Universität (TU) Graz geht, erklären wir im Blogbeitrag!  

    ***** 

    Was die KI hinter verschlossenen Türen tut 

    Erinnert ihr euch daran, als ein US-amerikanischer Hautarzt einen Algorithmus entwickeln ließ, der anhand von Bildern von Hautveränderungen feststellen sollte, ob es sich um gutartige oder bösartige Tumore handelt? Ein wundervolles Beispiel Künstlicher Dummheit, denn die KI lernte, Tumore anhand der oft beigelegten Lineale zu erkennen; befand sich ein Lineal im Bild, erkannte die KI es automatisch als Tumor.  

    Das Problem bei KI kann folglich sein, dass wir einen Algorithmus füttern und am anderen Ende etwas herauskommt – wir aber nicht wissen, was dazwischen passiert ist: das sogenannte “Black-Box-Problem“, vor dem Wissenschaftler stehen.  

    Den Boden vor Ort analysieren  

    Mit einer völlig anderen “Black Box” sehen sich oft Tiefbau-Ingenieure konfrontiert. Die stehen allerdings weniger vor, sondern vielmehr auf dem Problem, nämlich dem Boden. Wer andern eine Grube gräbt … möchte im Optimalfall wissen, wie sich der Untergrund während und nach der Bauphase verhalten wird. Aktuell werden dafür meist Bodenproben entnommen und in Labors auf diverse Bodenparameter analysiert; Steifigkeit, Festigkeit, Durchlässigkeit, Dichte, etc. Das ist nicht nur ziemlich umständlich, sondern kostet Zeit und Geld.  

    Bodenprobenentnahme und Laboranalyse (Credit: Simon Oberhohenzoller) 
    Bodenprobenentnahme …
     
    Bodenprobenentnahme und Laboranalyse (Credit: Simon Oberhohenzoller) 
    … und Laboranalyse (Credit: Simon Oberhohenzoller) 

    Die günstigere Alternative sind In-situ-Tests, oft durchgeführt mittels Drucksondierungen (CPT – Cone Penetration Test), bei denen ein kegelförmiger Messkopf in den Boden gedrückt und Druck sowie Reibung gemessen werden. Diese Messungen haben aber den großen Nachteil, dass die Bodenparameter nicht direkt aus den Testergebnissen abgeleitet werden können.

    “Man kann nur gewisse Größe messen, wie beispielsweise beim CPT Versuch Mantelreibung und Spitzendruck. Zur Beschreibung von Böden, welche tatsächlich ein sehr komplexes Material darstellen, sind jedoch, je nach verwendetem Stoffmodell, eine Vielzahl an Stoffgesetzparameter notwendig. Diese können (zumindest teilweise) aus Laboruntersuchungen abgeleitet werden, eine Ableitung aus In-Situ Tests ist jedoch nur mit Erfahrungswerten oder Korrelationen möglich”, weiß Franz Tschuchnigg vom Institut für Bodenmechanik, Grundbau und Numerische Geotechnik der Technischen Universität Graz

    Granitzer, A.-N., Rauter, S., Tschuchnigg, F.: A case study on advanced CPT data interpretation – From stratification to soil parameters. Geotechnical and Geological Engineering (2023). Under review.
    Granitzer, A.-N., Rauter, S., Tschuchnigg, F.: A case study on advanced CPT data interpretation – From stratification to soil parameters. Geotechnical and Geological Engineering (2023). Under review. 
    Sanduhr (Credit: annca/Pixabay)

    Wir wissen, dass wir nichts wissen 

    Wer aus der Baubranche kommt oder sich mit Geotechnik beschäftigt, weiß es – für manche mag es trotzdem überraschend sein, wie komplex es eigentlich ist, Vorhersagen über Böden zu treffen. Und je feinkörniger, desto schwieriger kann die Angelegenheit werden. 

    Wer hätte gedacht, dass wir beispielsweise praktisch keine vernünftigen Vorhersagen über einen derart alltäglichen Stoff wie Sand treffen können? Wie wir aus einem wissenschaftlichen Artikel in der NYT gelernt haben, könnten wir eine Sanduhr bauen und mit Sandkörnern füllen – doch auch, wenn wir die Formen und Größen der einzelnen Sandkörner kennen, wären wir nicht in der Lage, vorab zu prognostizieren, wie lange der Sand benötigt, um durch die Uhr zu fließen. (Um das klarzustellen: Wir meinen damit nicht uns persönlich. Wir meinen damit uns als Menschheit, also auch deutlich schlauere Menschen als uns, die sich intensiv mit der Thematik beschäftigen!).  

    Klingt abwegig – ist aber so. Für Details gibt hier eine kurze optische Zusammenfassung der Kernaussagen. 

    Warum dieser Exkurs? Vor allem, weil wir es spannend fanden (und die Bilder wirklich nett sind). Aber auch, um zu demonstrieren, wie komplex das Thema tatsächlich ist. 

    In einem laufenden Forschungsprojekt arbeitet Franz gemeinsam mit seinem Kollegen von der TU-Graz, Islam Marzouk, und weiteren Forschungspartnern seit vier Jahren an der Erstellung eines Rahmenwerks für die automatisierte Bestimmung der relevanten Bodenparameter – zunächst für grobkörnigen, nun auch für feinkörnigen Untergrund.

    Denn: Obwohl man aus den Drucksondierungen nicht direkt auf die Bodenparameter schließen kann, gibt es eine Reihe empirischer Beziehungen, die die Bodenparameter mit den Ergebnissen von In-Situ-Tests verknüpfen. Ziel ist dann im Endeffekt ein datenbasierter Ansatz für alle Bodentypen, der es erlaubt, Parameter aus verschiedenen In-situ-Daten und Labordaten abzuleiten.

    “An der Stelle sei aber angemerkt, dass Engineering Judgement weiterhin gefordert sein wird.” So muss etwa jede Probe durch einen Ingenieur überprüft und bestätigt werden. “Es ist mir wichtig zu betonen, dass diese Entwicklungen als zusätzliche Möglichkeit zur Parameterbestimmung angesehen werden sollen! Im besten Fall bestätigt die automatisierte Parameterbestimmung die Erfahrung eines Ingenieurs.” 

    Nochmal für Nicht-Geotechniker, bitte: Worum geht es bei der Forschungsarbeit? 

    “Aus bestimmten Messungen (ohne den Boden zu sehen) bestimmte Parameter zur Beschreibung des Verhaltens abzuleiten”, so Franz, “um weniger (aufwendige) Laboruntersuchungen durchführen zu müssen und um auf Basis von In-situ-Tests in einem frühen Planungsstadium bereits das Bodenverhalten abschätzen zu können.” 

    Dafür braucht es natürlich eine gute Datenbasis. “Wir haben in der Geotechnik das Glück, dass häufig sehr viel Daten vorhanden sind bzw. gemessen werden. Dieses große Potential an „Wissen“ sollten wir auch nützen.”

    Die Daten kommen zu einem großen Teil von Firmen, die selbst In-situ-Versuche durchführen, sowie diversen Open-Access-Datenbanken (z.B. https://www.dinoloket.nl/). “Jedes Forschungsprojekt”, weiß Franz, “zum Thema ML steht und fällt mit der Menge und der Qualität der Daten. However, ich sehe die KI-basierten Ansätze (vorerst) als zusätzliches Werkzeug in der Toolbox der Bauingenieure. Es benötigt nach wie vor auch transparente Systeme, um das Vertrauen für automatisierte Prozesse wie z.B. Parameterbestimmung zu gewinnen. In meiner Wunschvorstellung existieren Erfahrung, konventionelle Herangehensweise, Numerik und datenbasierte Analyse nebeneinander.” 

    Franz Tschuchnigg bei der Arbeit. ”Jedes Forschungsprojekt steht und fällt mir der Qualität der Daten.” (Credit: TU Graz)
    Franz Tschuchnigg bei der Arbeit. ”Jedes Forschungsprojekt steht und fällt mir der Qualität der Daten.” (Credit: TU Graz) 

    Keine Angst vor der Black Box 

    Der Anklang für das Projekt ist bisher sehr positiv. Immer wieder wird aber die Angst vor der “Black-Box” vorgebracht – nämlich, dass man nicht wisse, wie die Maschine im Hintergrund aus den gefütterten Daten ihre Schlüsse zieht und wie die Ergebnisse tatsächlich zustande kommen. Für Franz ist es deshalb wichtig, die Transparenz ihrer APD (Automated Parameter Determination – automatisierte Parameterbestimmung) zu betonen. Die “Denkprozesse” sollen nachvollziehbar sein und kein Ingenieurswissen verloren gehen.”   

    Das transparente System ist grafenbasiert und zeigt, vergleichbar etwa mit Google Maps, verschiedene Wege von der Messung zum Parameter. Verwendet werden dabei “mehr als 150 Korrelationen und zusätzlich verschiedene In-situ-Tests. Dieses vollkommen transparente System erlaubt es dem User gewisse Pfade höher zu gewichten als andere, z.B. gewissen Korrelation, mit welchen man gute Erfahrungen gemacht hat. APD ist bereits einsatzfähig und mit einem kommerziellen FE Code [Anm.: FE steht für Finite Elemente] verbunden. Á la longue stellt sich natürlich die Frage, ob man nicht (zumindest) gewisse Korrelation mit einer data-driven Herangehensweise ersetzt. Wir arbeiten daran und sehen für einige Parameter auch sehr viel Potential, dies ist aber noch Zukunftsmusik, zuerst wollen wir diesem vollkommen transparenten System Vertrauen für die automatisierte Parameterbestimmung schaffen, was kein leichtes Unterfangen darstellt.” 

    Marzouk, I. Tschuchnigg, Brinkgreve, R.B.J. 2023. Expansion of an automated system for determining soil parameters using in-situ tests.  
10th European Conference on Numerical Methods in Geotechnical Engineering (NUMGE).
    Marzouk, I. Tschuchnigg, Brinkgreve, R.B.J. 2023. Expansion of an automated system for determining soil parameters using in-situ tests.  
    10th European Conference on Numerical Methods in Geotechnical Engineering (NUMGE). 

    Rock Science muss keine Rocket Science sein 

    Nicht nur die KI muss lernen – es braucht dringend auch neue, qualifizierte Talente für Industrie und Forschung. Und auch, wenn diese von Haus aus deutlich mehr Talent in der Unterscheidung von Linealen und Tumoren haben, gibt es doch einiges an Wissen, das es zu vermitteln gilt.  

    „Ich glaube, die Möglichkeiten im Bereich der Geotechnik sind enorm. Im Forschungsbetrieb und der Lehre ist es mir ein Anliegen, dem beschrittenen Weg weiter zu folgen. Als Bauingenieur macht man (meistens) keine „Rocket Science“, daher muss es Spaß machen. In der Arbeit im Büro, aber auch in der Vorlesung im Hörsaal. Es geht um Leidenschaft für das Fach, diese „Passion“ sollte kommuniziert werden!” 

    Fokus auf die Lehre (Credit: TU Graz)
    Fokus auf die Lehre (Credit: TU Graz)

    Ein Vorsatz, den Franz offenbar erfolgreich umsetzen konnte, wurde er doch gemeinsam mit Andreas Granitzer von der TU Graz mit dem Preis für Exzellente Lehre ausgezeichnet. 

    Besonders erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass es die beiden geschafft haben, im Zuge der Pandemie nicht einfach nur Lehrinhalte von analog auf digital zu verschieben, sondern dabei einen tatsächlichen Mehrwert für die Studierenden zu schaffen. Ein Projekt, das den beiden den wohlverdienten Titel „beste Wissensvermittler“ im internen Ranking der TU Graz eingebracht hat.

    Die drei Säulen des erfolgreichen, studierendenzentrierten Lehr-Lernkonzeptes (Credit: TU Graz)
    Die drei Säulen des erfolgreichen, studierendenzentrierten Lehr-Lernkonzeptes 

    Und was hat Franz Tschuchnigg selbst aus diesem Projekt mitgenommen? 

    „Gelernt habe ich, dass sich der Einsatz in der Lehre lohnt. Ich konnte vor vielen Jahren Andreas bei meiner Vorlesung in Leoben davon überzeugen, sein Doktorat in Graz anzutreten, und jetzt steht er mit der gleichen Leidenschaft für das Fach vor Studierenden und vermittelt ihnen, dass nicht alles, was kompliziert klingt, kompliziert ist – und vieles, was Theorie bedarf, in der Praxis Eingang findet.“ 

    Ganz genau so sehen wir auch unsere Mission bei diesem Blog – denn man kann auch komplexe Inhalte verständlich und spannend formulieren und wir freuen uns, dass wir das diesmal zusammen mit einem wortwörtlich ausgezeichnetem Wissensvermittler tun durften.  

    ***** 

    Auch in der Freizeit geht es bei Franz steinig zu. (Credit: Franz Tschuchnigg)

    Über Franz Tschuchnigg

    Es ist die einzigartige Kombination aus Theorie und Praxis, die Franz Tschuchnigg an der Numerischen Geotechnik so fasziniert. Eigentlich wollte er Architekt werden. Dass es ihn dann doch in den Untergrund verschlagen hat, ist seinem Statik-Lehrer an der HTL in Graz zu verdanken. Vom Studium der Bauingenieurs-wissenschaften ging es in die Mechanik und von dort ans Institut für Bodenmechanik und Grundbau (IBG) der TU Graz, wo er mittlerweile Associate Professor ist. Die Passion, die ihm in der Schulzeit vorgelebt wurde, gibt er mittlerweile selbst an seine Studierenden weiter.