„Wir sind die Spezialisten im Tiefbau“ – VÖBU-Geschäftsführer im Gespräch

Bohrmeisterkurse, Seminare, Messen – wer in Österreich im Baugewerbe tätig ist, kommt an der VÖBU nicht vorbei. Die Vereinigung österreichischer Bauunternehmen vertritt seit ihrer Gründung 1969 die Interessen ihrer Mitglieder – diese sind von einer Handvoll im Lauf der letzten fünfzig Jahre mittlerweile auf 150 Firmen im In- und Ausland angewachsen. eguana hat sich mit Geschäftsführer Thomas Pirkner über Hintergründe, Highlights und Herausforderungen unterhalten.

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Herr Pirkner, VÖBU – aus gutem Grund … aber warum genau? Was war der Hintergedanke?

Thomas Pirkner: Seit 1969 vertritt die VÖBU als Vereinigung der Bohr-, Brunnenbau- und Spezialtiefbauunternehmen die Interessen ihrer Mitglieder in Österreich. Vor über 50 Jahren waren es sechs Mitgliedsunternehmen, die den Verein etabliert haben. Dabei ging es nie nur um Information und Austausch, sondern auch um das Weiterentwickeln von Standards und Normen im Sinne der gesamten Branche. In den entsprechenden Gremien haben wir unsere Stakeholder-Rolle immer sehr ernst genommen. In dieser Zeit entwickelte sich die VÖBU aber nicht nur größenmäßig, sondern auch zu einem der führenden Aus- und Weiterbildungsanbieter in diesem Nischenbereich. Der von uns veranstaltete Bohrmeisterkurs etwa hat sich als die Standardausbildung in Österreich etabliert, das geht nur mit nachhaltiger Entwicklung und Kommunikation, hier haben wir in Österreich in 19 Durchgängen ausgebildet. (Anm.d.Red.: eguana-Geschäftsführer Philipp Maroschek hat im Februar eine Vorlesung im Rahmen des Kurses gehalten – mehr Informationen gibt es im dazugehörigen Blogbeitrag)

Fast 600 Leute wurden bisher im Rahmen des Bohrmeisterkurses ausgebildet (Credit: VÖBU)

Wie hat sich die VÖBU seit ihrer Gründung entwickelt? Was tut die VÖBU alles?

Von den wenigen Gründungsmitgliedern ist die Interessensvertretung mittlerweile auf 150 Firmen in ganz Österreich und dem angrenzenden Ausland angewachsen. Es sind nicht mehr nur ausführende Unternehmen, sondern auch Planungsbüros mit dabei. Auch international ist das Interesse an unseren Aktivitäten gegeben. Neben der klassischen Interessensvertretung und den Ausbildungen sind wir auch angesehener Gatekeeper zwischen Wirtschaft und Forschung; wir haben enge Kontakte zu den themenrelevanten Universitätsinstituten, wie z.B. die Geotechnik-Abteilung an der TU Wien. Wir publizieren regelmäßig, z.B. das Österreichische Bohrhandbuch, und auch zur österreichischen Fachpresse haben wir die besten Kontakte.

Was waren besondere Highlights, wenn Sie an die letzten Jahre zurückdenken?

Letztes Jahr konnten wir gemeinsam mit 300 Leuten ein großartiges 50-Jahr-Jubiläum feiern. Im Palais Ferstl haben wir hier auch die besagten Stationen und Errungenschaften Revue passieren lassen und quasi „tief blicken“ lassen. Toni Innauer (Anm.d.Red.: ehemaliger österreichischer Skispringer und Skisprungtrainer) hat uns als Keynote-Speaker aufgezeigt, was es im Sport bedeutet, lange an der Spitze zu bleiben. Als dann alle Gäste aufgestanden sind, um den Ausfallschritt bei der Landung eines Skispringers nachzumachen, das war schon eine besondere Gruppendynamik.

50-Jahr-Feier im Palais Ferstl (Credit: VÖBU)

Als Vertretung eines „Nischenthemas“ sind wir wie eine große Familie und die meisten Vertreter der Unternehmen kennen sich untereinander gut.

Die VÖBU sorgt nicht nur für die Vernetzung, sondern auch die Weiterbildung ihrer Mitglieder. Wie hat sich das Angebot entwickelt und wohin geht der Trend?

Mittlerweile bieten wir pro Jahr ca. 8-12 Kurse/Seminare an, dabei bilden sich rund 600 Teilnehmer fort. Die Themen sind alle relevant und verlieren nicht an Bedeutung. Der Trend geht auch bei uns in Richtung Digitalisierung in Bezug auf Gerätetechnik und Auswertung, auch Datendigitalisierung ist etwas, das wir tun, quasi als Vorstufe zu BIM. Bei der Digitalisierung in Bezug auf BIM verhält sich der Spezialtiefbau aber grundsätzlich sehr zurückhaltend.

Ein weiterer Grundbaustein der VÖBU ist das Österreichische Geotechnikevent in Kombination mit der VÖBU Fair. Kurz: was ist das? Seit wann gibt’s das? Wie entwickelt es sich?

Vor 20 Jahren starteten wir mit der Fachausstellung Grundbau im Rahmen des Bohrmeisterkurses, damals haben sich rund 15 Firmen mit ihren Leistungen präsentiert. Heute ist eine richtige „Messe“ daraus geworden, die gemeinsam mit der ÖGT-Österr. Geotechniktagung im Messezentrum Wien mit knapp 75 Ausstellern und 1200 Besuchern an zwei Tagen nunmehr das österr. Geotechnik-Event darstellt. Dort wird auch der österreichische Grundbaupreis verliehen.

Es wird aufgrund der bekannten und sehr klar definierten Community immer mehr zum geotechnischen „Familienfest“. Daher ist es z.B. schwer, die Aussteller und Besucher am Donnerstagabend nach der Abendveranstaltung und dem gemütlichen Ausklang aus der Messe „hinauszukriegen“ 😉 – die Geotechniker feiern auch gerne!

 

Vorträge auf der VÖBU Fair (Credit: VÖBU)
Impressionen von der VÖBU Fair 2019 – auf der natürlich auch eguana vertreten war (Credit: Thomas Schmidt)

Sind Sie zufrieden, oder würden Sie sich grundlegende Änderungen wünschen?

Leichte Adaptierungen gibt es immer, z.B. wird bei der VÖBU FAIR 2021 die Ausstellungsfläche um ein Drittel erweitert werden – und das bei annähernd gleicher Ausstellerstandanzahl. Wir optimieren ständig auf Basis des Feedbacks unserer Kunden und Mitglieder, das nehmen wir sehr ernst. So haben sich die Zutrittsregelungen immer wieder geändert und die Preisstruktur ist heute attraktiver denn je.

Ausstellungsraum der VÖBU Fair (Credit: VÖBU)

Publikationen, Forschung, Kooperation, auch in diesen Bereichen ist die VÖBU aktiv. Was leistet die VÖBU in diesem Zusammenhang?

Highlight der letzten Jahre war die erfolgreiche Abwicklung des ersten FFG-Branchenforschungsprojekts „SIBS“ (Sicherheitsbewertung bestehender Stützbauwerke) in den Jahren 2016-2018.

Wir geben auch regelmäßig das Bohrhandbuch heraus und unterstützen die Vermarktung relevanter Fachbücher.

Sind Sie zufrieden, oder würden Sie sich mehr/anderes wünschen?

Wir sind sehr zufrieden. Diverse Folgeprojekte laufen bzw. sind in Planung. Derzeit ist der Präsident der VÖBU, DI Andreas Körbler, auch Präsident der EFFC (europäische Vereinigung „European Federation of Foundation Contractors“ mit 16 Ländern).

Welche Entwicklungen sehen Sie grundsätzlich für die Branche?

Die VÖBU Mitglieder als Spezialisten der Geotechnikbranche sind immer mehr gefragt. Relevant sind vor allem schwindende „einfache“ Bauplätze in städtischen Gebieten und teilweise UVP Zwänge. Wir sind die Spezialisten in der Geotechnik. Wir bauen keine „sichtbaren“  Häuser, sondern arbeiten im Untergrund – und kommen dann zum Zug, wenn z.B die Fundierungen nicht mehr „0-8-15“ sind.

Zum Schluss noch ein kurzer Ausblick auf 2020: Worauf freuen Sie sich besonders?

Wir freuen uns – um ehrlich zu sein – auf ein etwas ruhigeres Jahr, nach der 50er-Feier und dem EFFC AGM („EFFC Annual General Meeting“) 2019 in Wien. Dennoch laufen die Vorbereitung auf die nächste VÖBU Fair 2021 bereits auf Hochtouren. Siehe https://oegt.voebu.at.

 

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Thomas Pirkner
Credit: VÖBU

Zu Thomas Pirkner:  

Thomas Pirkner, geboren 1966 in Melk, verfügt über mehr als drei Jahrzehnte Berufserfahrung im Spezialtiefbau. Expertise sammelte er unter anderem bei der ERA Bau AG, Bauer Spezialtiefbau Ges.m.b.H. und Bilfinger Berger Bau Ges.m.b.H. Seit 2012 ist er bei der VÖBU als Geschäftsführer tätig.

 

Credit Titelbild: VÖBU

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Von Anna Riedler

Als der Orientierungssinn vergeben wurde, hatte sich Anna gerade verlaufen. Umso besser, dass ihre Arbeit mit Baustellen nur peripher zu tun hat – sie würde vermutlich nie wieder zurück ins Büro finden. Stattdessen schreibt die studierte Journalistin fleißig Texte für unsere Homepage, unseren Blog, und literaturnobelpreisverdächtige Kurzbeschreibungen.